Was will dieser Blog?

Dies ist der Blog ehemaliger Mitglieder des "Werkes". Er enthält Geschichten, Tatsachen und Erfahrungen, die vom "Werk" sorgfältig verschwiegen oder geleugnet werden. Er sei jedem ans Herz gelegt, der mit dem "Werk" in Kontakt kommt.

Thomas Felder übernimmt die Leitung der Priestergemeinschaft

Am 13.11.2016 hat Das Werk offiziell bekannt gegeben, dass Peter Willi von seinem Amt als "International Verantwortlicher der Priestergemeinschaft des Werkes" zurücktritt: Wie wir von Mitgliedern und Bekannten des Werkes wissen, ist er seit Jahren von seinen Mitbrüdern zu diesem Schritt gedrängt worden. Die Konstitutionen sehen einen solchen Amtsverzicht nur im Ausnahmefall vor.

Sein Nachfolger wird Thomas Felder. Damit bleibt die Leitung in der Hand der Familie Felder, die durch Maria Katharina (Mikle) Strolz und ihre Nichten und Neffen seit Jahrzehnten die Führung des Werkes maßgeblich bestimmen. Dass diese "Familienführung" fortgesetzt und von der Religionskongregation genehmigt wird, stimmt wenig hoffnungsvoll für die zukünftige Entwicklung der Gemeinschaft.

Vertiefung



"Vertiefung"

Als Vertiefungen werden im Werk Vorträge bezeichnet, die sich meistens, aber nicht immer, um religiöse Themen drehen. Es geht beispielsweise um "Worte von Mutter Julia", Bibeltexte oder Festgeheimnisse des liturgischen Kalenders. Längere Vertiefungen, die bspw. am Nachmittag stattfinden, werden in der Regel von Patres des Werkes gehalten. Die kurzen sog. "Frühstücksvertiefungen", die fast täglich beim schweigend eingenommenen Frühstück gehalten werden, werden dagegen bisweilen auch von Schwestern gegeben. Die Themen dieser Frühstücksvertiefungen werden im Voraus von einem Verantwortlichen festgelegt. 

Der Begriff "Vertiefung" ist ein irreführender Begriff. Es geht bei diesen Vorträgen nämlich nicht darum, sich mit etwas auseinanderzusetzen, sondern nur darum, bestimmte Phrasen und Konzepte, wie "Heiliges Bündnis", "Jungfräulichkeit", "Liebe zur Kirche", "Weg der Bekehrung" etc. im Denken der Mitglieder zu verankern. 

Der sektenartige Hausjargon des Werkes wird in den Vertiefungen penetrant wiederholt und gleichzeitig aufs Podest der Unhinterfragbarkeit gestellt. Die Mitglieder, von denen die meisten kaum mit Zeitungen, Büchern, Internet oder Außenstehenden in Kontakt kommen, werden durch diese Vertiefungen spirituell und intellektuell "dumm gehalten" und manipuliert. Obwohl sie die Werksideologie scheinbar ständig "vertiefen", könnte niemand sie erklären, und auf die Frage, was z. B. das "Heilige Bündnis" eigentlich ist, eine Antwort geben, die über die im Werk ständig wiederholten, aber letztlich inhaltslosen Formeln (Bündnis mit dem Herzen Jesu, Hingabe, große Gnadengabe, Vertiefung der Taufgnade etc.) hinausgeht.

Zum "sektenartigen Hausjargon" neuer geistlicher Gemeinschaften vgl. Urquhart, Gehirnwäsche.

Bücher

Aus aktuellem Anlass möchten wir darauf hinweisen, dass in den vergangenen Jahren verschiedene Bücher erschienen sind, die sich mit dem "Werk" befassen. Außerdem gibt es eine Reihe Bücher, die sich mit anderen Gemeinschaften befassen, denen ähnliche Missstände vorzuwerfen sind. Wir möchten hier einige dieser Bücher auflisten. Diese Liste werden wir in Zukunft regelmäßig auf den neuesten Stand bringen:


Bücher über Das Werk:

Rik Devillé, L'Oeuvre, un secte catholique, Edition Golias, 2001, ISBN 9782911453151

Rik Devillé, Het Werk. Een katholieke Sekte?, Van Halewyck, Leuven 1996, ISBN 90-5617-089-9

Irene Martens, Slavin van de Kerk. Kroongetuige van Het Werk, Van Halewyck, Leuven 1999, ISBN 9056171534

Doris Wagner, Nicht mehr ich. Die wahre Geschichte einer jungen Ordensfrau, edition a, Wien 2014, ISBN 399001109X


Bücher über problematische "neue geistliche Gemeinschaften" im Allgemeinen:

Wolfgang Beinert Hg., "Katholischer" Fundamentalismus. Häretische Gruppen in der Kirche?, Friedrich Pustet, Regensburg 1991, ISBN 3-7917-1286-1

Gordon Urquhart, The Pope's Armada. Unlocking the Secrets of Mysterious and Powerful New Sects in The Church, Bantam Books, London 1995, ISBN 0593033884


Visitator nicht Berater des Werkes

Der Visitator des Werkes ist nicht Berater des Werkes.

Die Verantwortlichen des Werkes behaupten, der Visitator wäre der Leitung des Werkes als Berater zur Seite gestellt worden. Sie geben vor,  sie wären in ständigem Kontakt mit ihm und er billige die Entscheidungen und Handlungen der Leitung des Werkes. Sowohl Mitglieder des Werkes als auch Außenstehende wurden entsprechend "informiert". Sowohl Mitglieder des Werkes als auch Außenstehende haben uns diese Behauptung mitgeteilt.

Inzwischen haben wir vom Visitator persönlich erfahren, dass diese Behauptung völlig falsch ist. Er hat keinen Auftrag für Beratertätigkeit gegenüber dem Werk erhalten, übt eine solche auch nicht aus und steht nicht in ständigem Kontakt mit der Leitung des Werkes. Folglich kennt er die Entscheidungen und Handlungen der Leitung nicht und kann diese auch nicht billigen.

Die Visitation bleibt unterdessen weiterhin ohne Abschluss. Das Werk verfährt weiter wie bisher.


Freundschaft versus Kirchenrecht? Warum die Visitation des Werkes (bislang) ergebnislos bleibt

Wir wissen nicht, ob, wann und wie die Visitation des Werkes je abgeschlossen wird. Die Religiosenkongregation antwortet uns nicht. Zu ihr gehören einflussreiche Freunde des Werkes.

Seit geraumer Zeit verweigert die vatikanische Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und die Gemeinschaften des apostolischen Lebens, unter der Leitung von Kardinal João Braz de Aviz und dem Sekretär, Mons. José R. Carballo, jegliche Antwort betreff des Ausgangs der Visitation. Dabei erfolgten die Gesuche um Antwort stets auf dem ordentlichen Instanzenweg. Wir gehen daher davon aus, dass es dem Werk gelungen ist, die Durchsetzung kirchlichen Rechts durch den gezielten Einsatz von Freundschaften zu kirchlichen Verantwortungsträgern zu verhindern.

Ein Blick in die Liste der Mitglieder der Plenarversammlung der Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und die Gemeinschaften des apostolischen Lebens ist diesbezüglich aufschlussreich. Die Plenarversammlung ist das eigentliche Entscheidungsgremium eines vatikanischen Dikasteriums. Hier werden die wesentlichen Entscheidungen getroffen, die dann dem Papst zur Bestätigung vorgelegt werden.

Mitglieder der Plenarversammlung mit Bezug zum Werk:

·      Kardinal Ouellet Marc, Präfekt der Kongregation für die Bischöfe:
o   Kardinal Ouellet ist seit vielen Jahren persönlicher Freund des Werkes
o   Kardinal Ouellet ist Mitglied der Plenarversammlung der Glaubenskongregation und hat dort Kontakt zu P. H. Geissler FSO (Leiter der Doktrinalabteilung der Glaubenskongration)
o   Kardinal Ouellet ist Mitglied der Plenarversammlung der Kongregation für das katholische Bildungswesen und hat dort Kontakt zu P. F. Bechina FSO (Untersekretär der Kongregation)
·      Kardinal Versaldi Giuseppe, Präfekt der Kongregation für das katholische Bildungswesen:
o   P. F. Bechina FSO ist Untersekretär derselben Kongregation
·      Bischof Gregor Maria Hanke, Diözesanbischof der Diözese Eichstätt (Deutschland)
o   P. F. Bechina FSO ist befreundet Bischof Hanke
·      Bischof van Looy Lucas, Diözesanbischof der Diözese Gent (Belgien)


Zudem kann das Werk über folgende kurialen und kirchlichen Verantwortungsträger indirekten Einfluss auf die Entscheidungsträger der Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und die Gemeinschaften des apostolischen Lebens ausüben:

·      Papst em. Benedikt XVI.
o   Das Werk ist seit vielen Jahrzehnten mit dem emeritierten Papst eng befreundet.
o   Sr. C. Felder FSO kümmert sich um Prälat Georg Ratzinger während seiner Aufenthalte in Rom
·      Erzbischof Georg Gänswein, Präfekt des Päpstlichen Hauses
·      Kardinal Pietro Parolin, Kardinalstaatssekretär
o   Bekannt mit dem Werk durch Sr. C. Felder FSO
·      Kardinal Gerhard Ludwig Müller, Präfekt der Glaubenskongregation
o   P. H. Geissler FSO ist enger Mitarbeiter und steht unter dem Schutz von Kardinal Müller
·      Kardinal Angelo Scola, Erzbischof von Mailand
o   Langjähriger Kontakt von P. H. Geissler FSO
·      Kardinal Christoph Schönborn, Erzbischof der Erzdiözese Wien
o   Seit vielen Jahren persönlicher Freund des Werkes
o   Mitglied der Plenarversammlung der Glaubenskongregation und damit Kontakt zu P. H. Geissler FSO
o   Mitglied der Plenarversammlung der Kongregation für das katholische Bildungswesen und damit Kontakt zu P. F. Bechina FSO
·      Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof der Diözese München und Freising
o   Mitglied der Plenarversammlung der Kongregation für das katholische Bildungswesen und damit Kontakt zu P. F. Bechina FSO
·      Kardinal Peter Erdö, Erzbischof der Diözese Esztergom-Budapest
o   Mitglied der geistlichen Familie „Das Werk“
o   Mitglied der Plenarversammlung der Kongregation für das katholische Bildungswesen und damit Kontakt zu P. F. Bechina FSO
·      Kardinal Angelo Bagnasco, Erzbischof von Genua, Vorsitzender der italienischen Bischofskonferenz und der europäischen Bischofskonferenz
o   Befreundet mit dem Werk und Sr. C. Felder FSO

Die erwähnten Kardinäle und Bischöfe sind nur ein kleiner Auszug aus der Liste des hochkarätigen Netzwerkes der geistlichen Familie „Das Werk“. Vieles spricht dafür, dass Gemeinschaften mit solchen Freundschaften von der Durchsetzung kirchlichen Rechts befreit sind. Damit dürfen Opfer derartiger Gemeinschaften nicht nur nicht auf einen ordentlichen Prozess und die Herstellung der Gerechtigkeit hoffen, sondern es wird offensichtlich billigend in Kauf genommen, dass weitere Menschen dem Zauber eines erzwungenen Lächelns erliegen und zu schaden kommen werden.


Offene Fragen zu sexuellen Übergriffen im Werk

Eine Reform des deutschen Sexualstrafrechtes ist vom Bundestag einstimmig beschlossen worden. Das ist der aktuelle Anlass für die Erneuerung dieses Posts. Nach dem neuen Gesetz, das sich am Grundsatz der Einvernehmlichkeit orientiert, wäre nämlich eine Verurteilung des Paters, der Doris Wagner missbraucht hat, wahrscheinlich. Wir begrüßen die Reform, auch wenn sie in diesem Fall leider zu spät kommt. Wir möchten aus diesem Anlass 1. folgende nach wie vor offenen Fragen wiederholen und 2. in Erinnerung rufen, warum die Ermittlungen im Fall "Wagner" eingestellt wurden, nämlich nicht deswegen, weil der Beschuldigte sich als unschuldig erwiesen hätte.



Nach wie vor bleiben im Fall "Wagner" gewichtige Fragen an "Das Werk" im Raum stehen:

1) Wie kann es sein, dass ein Priester des Werkes nach eigener Aussage, zu einer (wesentlich jüngeren) Schwester aus "menschlicher Zuneigung" eine "dauerhafte Beziehung" (vgl. Beschluss des Landesgerichts S. 3) anstrebt, die offenbar unverhüteten Geschlechtsverkehr einschließt? Auch das ist nach Can. 1395 CIC ein schwerer Verstoß gegen das Zölibatsgelübde und müsste kirchenrechtlich geahndet werdenZudem kann sich jemand, der der Ideologie des "Werkes" anhängt, nicht auf "menschliche Zuneigung" berufen, vielmehr betrachtet er sie als Gefahr, von einer "dauerhaften Beziehung" ganz zu schweigen.

2) Wie kann es sein, dass es in diesem Fall kein kirchenrechtliches Verfahren gibt, sondern dem Beschuldigten nur eine "geheime Buße" auferlegt wird?

3) Wie kann es sein, dass die völlige innere und äußere Unfreiheit und der systematische geistliche Missbrauch gerade der jüngsten und abhängigsten Mitglieder der Gemeinschaft, der Novizinnen, in der säkularen und kirchenrechtlichen Beurteilung dieses Falles keine Rolle spielt, obwohl sie durch psychologische Gutachten oder anhand der fachlicher Begutachtung der Konstitutionen leicht nachweisbar wäre?

4) Wer glaubt ernsthaft, dass eine Anfang Zwanzigjährige innerlich gebrochene Frau, frei in sexuelle Handlungen einstimmt, die von einem über Vierzigjährigen Oberen an ihr vorgenommen werden, nachdem sie gerade erst ihr feierliches Jungfräulichkeitsgelübde abgelegt hat, wo sie doch laut der der Ideologie des Werkes in der Jungfräulichkeit ihre höchste Lebensbestimmung sehen muss? Und wer glaubt ernsthaft, dass ihr durch andere Obere des "Werkes" Hilfe zuteil geworden wäre?

5) Wie frei sind Schwestern des Werkes tatsächlich, sich innerhalb und außerhalb der Gemeinschaft Hilfe zu holen, wenn sie von einem (hierarchisch höhergestellten) Mitbruder sexuell bedrängt werden?

6) Was geschieht im Fall, dass eine Schwester durch solche Übergriffe schwanger wird? Uns liegen Dokumente vor, in denen ausgesagt wird, dass in mindestens einem (weiteren) solchen Fall eine Betroffene zur Abtreibung gezwungen wurde.

7) Wann nimmt das Werk öffentlich zu anderen Fällen Stellung, in denen ehemalige Schwestern des "Werkes" von Priestern sexuell bedrängt, missbraucht und vergewaltigt wurden? Der mittlerweile suspendierte Jos Corstjens hat mindestens eine ehemalige Schwester des Werkes mehrfach vergewaltigtIrene Martens wurde als Schwester des "Werkes" missbraucht und berichtete in ihrem Buch von weiteren missbrauchten Schwestern, die zum Teil bis heute im "Werk" sind. - Wie viele Schwestern des Werkes sind Opfer sexueller Übergriffe geworden?




Warum das Verfahren im Fall "Wagner" eingestellt wurde

In Vergewaltigungs- und Missbrauchsfällen wird von Seiten der Täter oder der Gruppen, denen sie angehören, gerne darauf hingewiesen, dass es keine gerichtliche Verurteilung gegeben hätte. So auch im Falle des Paters, der Doris Wagner 2008 mehrfach vergewaltigt hat. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich wurden die Ermittlungen gegen ihn eingestellt. Damit ist allerdings nicht belegt, dass der Beschuldigte unschuldig wäre.

"Das Werk" "verkauft" diese Einstellung der Ermittlungen in seiner Stellungnahme zwar als eine Art "Beweis" für die Unschuld des Paters. Doch das ist falsch: Durch die Einstellung des Verfahrens weist die Staatsanwaltschaft nicht den Vorwurf der Vergewaltigung zurück, sondern das Gericht erkennt lediglich an, dass eine Verurteilung unwahrscheinlich ist. Das liegt zum einen an Mängeln des Sexualstrafrechtes, für das es lange Zeit unerheblich war, ob der Täter sich über den Willen des Opfers hinweggesetzt hat. Zum anderen liegt es an der Aussage des Beschuldigten. Nach der Strafrechtsreform 2016 wäre der Fall höchst wahrscheinlich strafbar, weil der entgegenstehende Wille des Opfers Berücksichtigung finden würde.

Zur Nachvollziehbarkeit des Falles dokumentieren wir hier den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch.

Das Gericht stellt nicht in Frage,

1) dass es zu sexuellen Handlungen des Beschuldigten am Opfer gekommen ist.
2) dass das Opfer sich zu diesem Zeitpunkt wehrlos gefühlt hat und dass eine solche Wehrlosigkeit auch durch ein psychologisches Gutachten nachgewiesen werden könnte.
3) dass das Opfer im Werk nicht frei mit anderen Personen kommunizieren konnte.
4) dass der Beschuldigte wesentlich älter, körperlich stärker und hierarchisch höhergestellt war als das Opfer.

Es muss allerdings zur Kenntnis nehmen

1) dass der Beschuldigte die Handlungen als einvernehmlich schildert (wobei die Umstände der Tat, die Jungfräulichkeits-Ideologie des Werkes u.a., die diese Aussage absurd erscheinen lassen, nicht berücksichtigt werden)
2) dass er auch  nach Aussage des Opfers keine grobe Gewalt angewendet hat (was für die Erfüllung des Straftatbestandes "Vergewaltigung" nach der damaligen Gesetzeslage unerlässlich war).
3) dass ihm nach dem Dafürhalten des Gerichtes nicht sicher nachgewiesen werden könnte, dass er sich der Wehrlosigkeit des Opfers bewusst war (was angesichts der Umstände und der Rolle des Täters als leitender Verantwortlicher im Werk, aber tatsächlich leicht nachweisbar sein dürfte)

Der damalige juristische Umgang mit Fällen dieser Art war fragwürdig und widersprach der Europäischen Konvention, weil er Täter in vielen Fällen, besonders jene, in denen Wehrlosigkeit, Angst und psychischer Druck eine Rolle spielen, praktisch ungestraft lässt. Aus diesem Grund hat der djb (Deutscher Juristinnenbund) ein Grundsatzpapier vorgelegt, in dem er diese Schwachstellen des Sexualstrafrechtes darstellt und eine Reform durch den Gesetzgeber fordert.




Visitation immer noch nicht abgeschlossen

Die Apostolische Visitation der Geistlichen Familie Das Werk, die von Papst Benedikt XVI. 2012 angeordnet wurde, und 2014 mit dem Bericht des Visitators endete, ist bis jetzt noch nicht abgeschlossen.

Zwar liegt der Abschlussbericht des Visitators der Religiosenkongregation seit bald zwei Jahren vor, welche Maßnahmen die Kongregation auf Grundlage dieses Berichts ergreifen wird, ist aber nach wie vor offen. Leider besteht auch keinerlei Möglichkeit in Erfahrung zu bringen, wann der Entschluss der Kongregation fallen wird.

Es ist bedauerlich, dass die teils gravierenden Missstände im "Werk" nach wie vor bestehen, Verantwortliche, die sich schwerer Versäumnisse und Vergehen schuldig gemacht haben, weiterhin im Amt sind, keine Trennung von Forum Internem und Forum Externum besteht und Mitgliedern grundlegende Rechte vorenthalten werden.

Im Rahmen unserer Möglichkeiten werden wir weiterhin auf eine baldige Entscheidungsfindung der Religiosenkonkgregation drängen, selbst wenn, wie bisher, unsere Briefe und Nachfragen nicht beantwortet werden.

Das eigene Leben wieder in die Hand nehmen

Beitrag von Doris Wagner bei den journées annuelles von AVREF, am 16. April 2016. 
(Aus dem Englischen übersetzt)

Als ich „meine Gemeinschaft“ 2011 verließ, war ich unmittelbar mit vielen Herausforderungen konfrontiert. Ich musste mich irgendwie finanzieren, irgendwo wohnen etc. Viel wichtiger war aber etwas anderes: Ich stand vor der Herausforderung zu verstehen, was geschehen war. Meine Verantwortlichen hatten sich doch um mich gekümmert, oder etwa nicht? Im Werk bekam ich geistliche Begleitung, ein Zimmer und Verköstigung. Als ich eintrat, wollte ich doch zu dieser Gemeinschaft gehören. Ich hatte eine Berufung, oder nicht? Ich wollte mein Leben in den Dienst Gottes stellen. Was war eigentlich schief gegangen?

Im Rückblick auf meine Zeit im „Werk“ gab es einen Moment, in dem mir offensichtlich Unrecht geschehen war. 2008 hat ein Verantwortlicher mich mehrmals vergewaltigt. Er kam in mein Zimmer, zog mich aus, obwohl ich ihm sagte, dass er das nicht durfte und vergewaltigte mich, während ich vor Angst wie gelähmt war. – Eine Vergewaltigung ist eine extrem schmerzliche Erfahrung: Jemand setzt sich bewusst über deine Gefühle hinweg und übertritt deine körperlichen und emotionalen Grenzen. Er drückt dir seinen Willen auf, dringt in dich ein, während du völlig aufgelöst, apathisch und hilflos bist.

Als das geschah, war ich außer Stande zu begreifen, was vor sich ging. Später hat mir diese traumatische Erfahrung auf seltsame Art geholfen zu verstehen, was mir geschehen war, und zwar nicht nur in diesem Moment, sondern die ganze Zeit. Im „Werk“ wurde nicht nur mein Körper vergewaltigt, sondern auch mein Gefühlsleben, mein Intellekt, mein Glaube, alles, was mich ausmachte und was ich war. Meine Verantwortlichen setzten sich bewusst und andauernd über meine Grenzen hinweg und drangen in mein Denken, mein Fühlen, meine Gottesbeziehung, in die intimsten Schichten meines Selbst ein.

Ich erinnere mich an viele Momente, in denen das deutlich wurde. Zum Beispiel kam meine Verantwortliche in den ersten Monaten nach meinem Eintritt mit einem Vorwurf auf mich zu: Ich hatte in letzter Zeit öfter ein trauriges Gesicht. Seltsamerweise hatte ich selbst nichts davon gemerkt, dass ich traurig war. Aber es kümmerte sie nicht, was ich fühlte. Sie wollte nur, dass ich ein Lächeln aufsetzte. Wichtig war nicht, was ich fühlte, sondern dass ich glücklich aussah und dass ich dachte, ich wäre glücklich. Ich konnte auch gar nichts anderes denken, weil wir ständig zu hören bekamen, was für ein Glück es doch wäre, im „Werk“ zu sein. Die Folge war, dass ich nur noch mit einem Lächeln auf dem Gesicht herumlief. Ich lächelte, auch noch am Morgen nach der ersten Vergewaltigung. Ich lächelte auch noch nach meinem Austritt. Es dauerte, bevor ich in der Lage war, diese Grimasse abzustreifen – und noch heute wird mir schlecht, wenn ich Leute mit diesem Dauerlächeln im Gesicht zu sehen bekomme.

Meine Verantwortlichen sprachen viel über Jungfräulichkeit, über Jungfräulichkeit des Herzens und Jungfräulichkeit des Geistes. Man sagte mir, ein ohne Erlaubnis gelesenes Buch wäre wie ein unehelich empfangenes Kind. Gleichzeitig bombardierten sie uns förmlich mit Worten und Texten von „Mutter Julia“. Es gab keinen einzigen Tag, es gab kaum eine Stunde, in der ich nicht gezwungen war „Mutter Julia“ oder meinen Verantwortlichen zuzuhören. Sie nahmen mir alles, was meine Individualität und persönliche Freiheit hätte stützen können, um dann in mein Denken, Fühlen, Glauben und Handeln einzudringen. Während sie vorgaben, meine geistige Jungfräulichkeit zu schützen, behandelten sie mich in Wirklichkeit wie eine Prostituierte, der sie sich aufzwangen, wie es ihnen gerade beliebte.

Wenn man ein solches Missbrauchssystem verlässt, steht man vor einer gewaltigen Herausforderung. Als ich die Gemeinschaft verließ, war ich immer noch so sehr in den Gewohnheiten und Zwängen des Gemeinschaftslebens, in meiner Rolle als dauerlächelnde, arbeitende und betende Schwester gefangen, dass ich erst einmal praktisch genauso weiterlebte, obwohl ich das eigentlich gar nicht wollte.

Die meisten Menschen mit Missbrauchserfahrungen neigen dazu, sich die Rolle zu eigen zu machen, die ihnen die Leute, die sie missbraucht haben, aufgedrängt haben. Sie fühlen sich wertlos, haben keine Selbstachtung, kein Selbstvertrauen und sind nicht im Kontakt mit sich selbst und ihren Gefühlen. Sie riskieren, sofort in die nächste Missbrauchssituation zu geraten. Um den Teufelskreis zu durchbrechen, muss man sein eigenes Selbst wiederentdecken, den eigenen Verstand, die eigenen Gefühle, die eigene Gottesbeziehung, sogar den eigenen Körper. Sei vorsichtig, wenn du das tust, höre genau hin auf deine innere Stimme, lass dir Zeit!

Einige von euch, die heute hier sind, stehen vielleicht vor dieser Herausforderung. Ich möchte Folgendes zu euch sagen:
1.    Denke immer daran, dass du ein wunderbarer, liebenswerter Mensch bist! Wiederhole diese Worte, sag zu dir selbst immer wieder: Ich bin liebenswert!
2.    Zögere nicht eine Sekunde, den intellektuellen und geistlichen Müll, mit dem man dich vollgestopft hat, aus deinem Denken und deinem Herzen zu entfernen. Nicht eine Sekunde!
3.    Komm wieder in Tuchfühlung mit dir selbst. Langsam. Schritt für Schritt. Trau dich, wieder selbst zu denken, selbst zu beten, mit deinen eigenen Worten, und stell dich deinen Gefühlen. Trau dich zu weinen, zu trauern, zu streiten, zu kämpfen, zu lachen, zu tanzen, und vor allem: zu lieben!

Kurz: Nimm dein Leben wieder in deine eigenen Hände. Dann – und nur dann – wirst du es auch in wieder in den Dienst anderer stellen können.