Was will dieser Blog?

Dies ist der Blog ehemaliger Mitglieder des "Werkes". Er enthält Geschichten, Tatsachen und Erfahrungen, die vom "Werk" sorgfältig verschwiegen oder geleugnet werden. Er sei jedem ans Herz gelegt, der mit dem "Werk" in Kontakt kommt.

Rein menschlich



"Rein menschlich"

"Rein menschlich" ist im Werk der Gegenbegriff zu "übernatürlich". Aus theologischer Perspektive ist das Adjektiv "übernatürlich" und seine Funktion im religiösen Wortschatz in letzter Zeit wiederholt problematisiert worden, nicht zuletzt weil es einen gewissen Dualismus impliziert, d.h. die Wirklichkeit in einen heiligen, übernatürlichen, und einen unheiligen, rein natürlichen Bereich einteilt. Im Werk wird diese Einteilung jedoch konsequent weiter gepflegt, wobei nicht vom "Natürlichen" oder "rein Natürlichen" als Gegenbegriff zum "Übernatürlichen" die Rede ist, sondern vom "rein Menschlichen", am häufigsten in der Kombination "rein menschliches Denken". Dieses "rein menschliche Denken" ist in der Vorstellung des Werkes das, was dem "übernatürlichen Wirken Gottes" im Menschen am meisten entgegensteht. Damit wird das Adjektiv "menschlich", das gemeinhin eine positive Konnotation besitzt, drastisch abgewertet und erscheint letztlich als gleichbedeutend mit "gottlos" und "sündig". Die Konsequenz ist, dass alle als "rein menschlich" betrachteten Handlungen und Gemütszustände, wie Sympathie und Antipathie, Erschöpfung, Zorn, Wissbegier u.ä. als tendenziell sündig gelten und unterdrückt werden müssen (vgl. die Litanei der Demut), während eine permanente stoische Gemütsruhe zum Ideal wird. Durch Ideale wie dieses werden die Mitglieder des Werkes systematisch den Werten der Gesellschaft, wie auch sich selbst und ihren eigenen Empfindungen entfremdet und manipulierbar gemacht.


Zum "sektenartigen Hausjargon" neuer geistlicher Gemeinschaften vgl. Urquhart, Gehirnwäsche.


Geistliche Vater- und Mutterschaft


"Geistliche Vater- und Mutterschaft"

Vater- und Mutterschaft ist in der Regel eine natürliche Beziehung zwischen Eltern und ihren Kindern. Diese ist den Religiosen des Werkes aufgrund ihres Jungfräulichkeitsgelübdes verwehrt. Sie sollen aber umso mehr die sog. geistliche Vater- und Mutterschaft leben, eine Art Beziehung zwischen den Religiosen und anderen Menschen, denen gegenüber sie ihrer eigenen Auffassung nach eine "geistliche" Verantwortung innehaben. Sei es, dass sie jemanden zum Eintritt ins Werk bewegen wollen oder für die Bekehrung von jemandem beten, der noch bestimmte Schwächen und Fehler hat. Dabei muss die betreffende Person nicht um ihr "Kind-Sein" in dieser Beziehung wissen, es ist noch nicht einmal notwendig, dass "geistliche(r)/Vater/Mutter" und "geistliches Kind" sich kennen bzw. das "Kind" muss überhaupt keine bestimmte Person sein. Die geistliche Vater- und Mutterschaft kennzeichnet vielmehr das grundlegende Selbstverständnis der Religiosen des Werkes gegenüber anderen Menschen im allgemeinen: ein Verhältnis von geistlicher Überlegenheit, aus der sich die Verpflichtung ableitet, alles nur irgend mögliche zu tun, um möglichst viele zu retten. Kein Opfer darf zu große sein. So erträgt bspw. jede Küchenschwester die Mühen ihrer täglichen Arbeit als "geistliche Mutter", im Bewusstsein, dass sie so "Berufungen gewinnen" und Gnaden für andere verdienen kann.


Zum "sektenartigen Hausjargon" neuer geistlicher Gemeinschaften vgl. Urquhart, Gehirnwäsche.


Bündnisgnade


"Bündnisgnade"

Die Bündnisgnade ist eine Formel, auf die im Werk oft rekurriert wird. Gemeint ist damit die ganz besondere Gnade, die nach Ansicht Verhaeghes allen zuteil wird, die das "Heilige Bündnis" schließen. Das "Bündnis", das in Wirklichkeit - theologisch und kirchenrechtlich betrachtet - höchstens ein persönliches Engagement in der Kirche ist und z.T. weniger als das, wird im Werk nicht nur wie ein Sakrament (das eine eigene Gnade vermitteln kann) betrachtet, sondern gewissermaßen als "Super-Sakrament", das alle anderen Sakramente vollendet. Dementsprechend gilt die Bündnisgnade als eine Art "Super-Gnade", die die Mitglieder des Werkes befähigt alles das zu tun, was im Werk von ihnen verlangt wird. Wenn Mitglieder vor Aufgaben gestellt werden, die sie eigentlich nicht bewältigen können, werden sie auf die Bündnisgnade verwiesen, auf die sie eben vertrauen müssten. Wer Schwierigkeiten oder Zweifel hat, wer überlastet oder depressiv ist o.a. - wird auf diese (leere) Formel verwiesen, wodurch sich die Verantwortlichen ihrer Verantwortung für die Mitglieder entledigen, die sie zugleich mit Anforderungen und Arbeiten überschütten und deren psychische und physische Probleme sie weitgehend ignorieren können. Ja: jedem Mitglied, das mit seinen Schwierigkeiten nicht zurecht kommt, kann man selbst die Schuld daran geben: er oder sie hat eben nicht genug an die Bündnisgnade geglaubt oder diese Gnade aus eigener Schuld verspielt.


Zum "sektenartigen Hausjargon" neuer geistlicher Gemeinschaften vgl. Urquhart, Gehirnwäsche.

Standesgnade



"Standesgnade"

Die Standesgnade ist ein Konzept katholischer Tradition, demzufolge jeder Christ von Gott die Gnade erhält, die er zur Erfüllung seiner "Standespflichten" benötigt (also der Pflichten, die sein Stand bzw. sein Beruf mit sich bringt). Daraus leitet sich im Ordensleben die Vorstellung ab, dass jeder zum geweihten Leben Berufene von Gott die Kraft erhält, die drei evangelischen Räte (Armut, Keuschheit und Gehorsam) zu halten; und dass die Oberen die Gnade erhalten, die sie brauchen, um die ihnen Anvertrauten Ordensleute zu leiten. Im Werk wird dieses überkommene Konzept nicht nur im alten Sinne weiterverwendet, sondern auch verfälscht. Die Standesgnade, die ein Oberer erhält, ersetzt nämlich im traditionellen Verständnis nicht sein persönliche Engagement und sie verpflichtet seine Untergebenen nicht dazu, alle Weisungen des Oberen bedingungslos zu akzeptieren. Im Werk dagegen schon: unter Berufung auf die ihnen verliehene "Standesgnade" halten sich Verantwortliche im Werk für unfehlbar. Sie fühlen sich nicht dazu verpflichtet, die ihnen untergebenen Mitglieder wirklich anzuhören und zu verstehen, sondern meinen, dass sie sie "blind" führen können, alleine aufgrund ihrer besonderen Begnadigung als Verantwortliche, und dass selbst wenn Verantwortliche Fehler machen würden, diese durch die Standesgnade von Gott gerechtfertigt und zum Guten gewendet werden würden. Mitglieder sind also in jedem Falle unbedingt dazu verpflichtet, die Weisungen ihrer Verantwortlichen fraglos zu befolgen, weil diese Weisungen in jedem Falle gut sind. Aber nicht nur das: weil die "Standesgnade" sich in den Augen der Verantwortlichen als eine Art Wunderheilmittel darstellt, das persönliche Fehler und Mängel behebt, werden immer wieder Mitglieder, die sich als besonders schwierig erwiesen oder sich sogar schwerer Vergehen schuldig gemacht haben, extra in eine Verantwortlichen-Position erhoben, in der Annahme, dass ihre Fehler nun von der Standesgnade behoben werden würden. 

Zum "sektenartigen Hausjargon" neuer geistlicher Gemeinschaften vgl. Urquhart, Gehirnwäsche.



Arkandisziplin - Geheimlehren und -praktiken

Beinert nennt den Begriff der Arkandisziplin als Kennzeichen fundamentalistischer Gemeinschaften.

Arkandisziplin ist eine Art stufenweiser Einweihung der Mitglieder in Lehren und Praxis der Gemeinschaft. Die "Eingeweihten" müssen sich gegenüber "Nicht-Eingeweihten" verschwiegen zeigen. Diese Praxis hängt zusammen mit anderen Merkmalen fundamentalistischer und sektiererischer Gruppen: Eliteanspruch, Auserwählungsbewusstsein, dualistisches Weltbild und starkes Zusammengehörigkeitsgefühl. Sie geht oft einher mit dem Wahrheitsanspruch der Gemeinschaft, mit der klaren Abgrenzung gegenüber der Umwelt, die nicht in der Lage oder nicht würdig ist, das geheime Wissen der Eingeweihten zu teilen und mit der Furcht vor Verfolgung, sollte das geheime Wissen in die falschen Hände gelangen. Diese Praxis ist kennzeichnend für alle religiösen Geheimkulte, Sekten, für die Freimaurer, aber auch für christliche Gemeinden in der Antike.

Das Werk übt zweifellos eine ausgeprägte Arkandisziplin. Verhaeghe sprach davon, man müsse "das Geheimnis des Königs wahren" (Worte, die sie dem Buch Tobit entnahm: "Es gebührt sich, das Geheimnis eines Königs verborgen zu halten, aber die Werke Gottes mit Rühmen zu verkündigen". Tob 12,7). Noch gängiger ist heute im Werk der Begriff der "Diskretion", der aber dieselbe Funktion hat: er markiert die "Geheimnisse" der Gemeinschaft, vor deren Bekanntwerden sie sich fürchtet und Schaden für ihr Image erwartet (nicht zu unrecht).

Zum Geheimnis des Königs zählt die Spiritualität und die Politik des Werkes. Für beides gibt es eine Art stufenweiser Einweihung. Jedes neue Mitglied wird nach und nach mit den Texten und Praktiken des Werkes vertraut gemacht, und mit jedem neuen "Schritt" wird ihm eingeschärft, dass "wir darüber nicht sprechen", insbesondere nicht "draußen". Sehr vieles fällt in die Kategorie des Geheimen:

- fast alle Texte Verhaeghes. Bis vor wenigen Jahren hatten die meisten Mitglieder nicht einmal Zugang zu den Konstitutionen des Werkes, die Originaltexte Verhaeghes sind nach wie vor unter Verschluss und werden den Mitgliedern nur auszugsweise zu Lesen gegeben. Jedem Mitglied ist klar, dass es die Texte nach dem Lesen zurückgeben muss, und dass sie unter keinen Umständen weitergegeben werden dürfen, vor allem nicht an "Nicht-Eingeweihte". Dasselbe gilt für Gebete, wie etwa die in diesem Blog veröffentlichte Herz-Jesu-Litanei oder die Litanei der Demut.

- die Praktiken des Werkes. Sobald ein Mitglied aufgefordert wird, wöchentliche und monatliche Berichte zu schreiben (das geschieht in der Regel im ersten Jahr, sobald das Mitglied "reif" dafür ist), wird ihm auch gesagt, dass alle das tun, dass wir darüber aber nicht sprechen, auch nicht untereinander, erst recht nicht gegenüber Außenstehenden. Das gilt auch für die "Abrechnung", einem Blatt, auf dem jedes Mitglied seine monatlichen bzw. vierteljährlichen Ausgaben bis auf den Cent genau mit Rechnungen dokumentieren muss. Dasselbe gilt für das Öffnen der Briefe: insbesondere im Noviziat müssen alle Briefe vorgelegt werden - den Eltern oder Bekannten, die diese Briefe geschrieben haben oder empfangen werden, sagt man darüber natürlich kein Wort. Gleiches gilt von der Askese: das Fasten, die Verzichte, die bei Kleidung und Entspannung verlangt werden und das kräfteraubend volle Arbeits- und Gebetsprogramm: das alles ist "Geheimnis des Königs" und unterliegt der "Diskretion".

Zu den Dingen, die "draußen" nicht erzählt, und auch unter den Mitgliedern nur bedingt angesprochen werden dürfen, gehören außerdem:

Die Namen hochrangiger Freunde und Besucher des Werkes: es ist mittlerweile ein offenes Geheimnis, dass das Werk direkten Zugang zu Benedikt XVI., seinem Sekretär Georg Gänswein und seinem Bruder Georg Ratzinger hatte bzw. noch hat, und damit auch Zugang zu vielen hochrangigen Kurienkardinälen, Erzbischöfen und Prälaten. Das Werk investiert sehr viel Energie in den Aufbau solcher Kontakte, in allen seinen Niederlassungen. Die Mitglieder müssen für die Besuche dieser wichtigen Gäste, die in den Häusern des Werkes ein- und ausgehen, alle Kräfte aufbieten und ein perfektes Bild abgeben, - sie dürfen aber nicht darüber sprechen, sodass auch die Mitglieder aus dem einen Haus nicht erfahren, was im anderen geschieht. Die "gewöhnlichen" Mitglieder erfahren auch nicht, was diese wichtigen Gäste mit den Verantwortlichen des Werkes besprechen.

Finanzen des Werkes: darüber wissen die Mitglieder selbst in der Regel nicht Bescheid. Wer was verdient, wer wie viel Monatsgeld zur Verfügung hat, wofür es ausgegeben wird, wer spendet, woher das Werk sich überhaupt finanziert. Zwar erfahren die Mitglieder hin und wieder wie viel Geld in den Bau oder die Restaurierung dieses oder jenes Hauses investiert wurde (eine Summe, die sich allein in den letzten Jahren auf einige Millionen belief), sie wissen aber nicht, dass sich zugleich die Kosten für die tägliche Ernährung eines Mitgliedes auf nur 1,- Euro belaufen!

Entscheidungen des Rates. In der Regel werden nur banale Entscheidungen allgemein bekannt. Wer mehr weiß, darf darüber nicht sprechen. Es gibt auch Entscheidungen, die zwar alle betreffen, aber draußen nicht bekannt werden dürfen.

Ausgetretene Mitglieder. Wenn ein Mitglied die Gemeinschaft verlässt oder verlassen muss, wird das den anderen Mitgliedern von den Verantwortlichen mitgeteilt, inkl. einer Erklärung, warum das geschehen ist (in der Regel liegt die "Schuld" in der Schwäche des Ausgetretenen, der keine Möglichkeit hat, seine Entscheidung und seine Gründe den anderen direkt zu kommunizieren). Weiterer Kontakt mit Ausgetretenen ist nicht möglich bzw. der Leitung vorbehalten. Von Mitgliedern, die "früher" ausgetreten sind, die das einzelne Mitglied nicht kennt oder gekannt hat, erfährt es auch nichts. Über ehemalige Mitglieder wird insbesondere mit der Außenwelt nicht gesprochen.

Gespräche mit Verantwortlichen. Diese Gespräche, in denen das Mitglied sich völlig "öffnen" muss, wo auch sehr intime und heikle Themen angesprochen werden und der Einzelne oft weit über die Schmerzgrenze kritisiert und in Frage gestellt wird, sind absolut "geheim". Darüber spricht man mit niemandem.

Verfehlungen der Verantwortlichen. Die Verantwortlichen müssen "mit Ehrfurcht" behandelt werden. Die einzelnen Mitglieder erleben sie ohnehin nie von ihrer "persönlichen Seite", sondern immer nur in ihrer "Rolle". Falls ein Mitglied dennoch einmal eine Schwäche eines Verantwortlichen mitbekommt, was auch immer das ist, muss es darüber "ehrfurchtsvolles Schweigen" bewahren. Auf diese Art und Weise sind etwa die "hysterischen Ausfälle" von "Mutter Katharina" von allen ignoriert worden; und Patres, die für ihre "Schwäche" gegenüber Frauen bekannt sind, bleiben vor Behelligungen innerhalb der Gemeinschaft sicher.

Zweifel und Sorgen. Mitglieder, die Zweifel bekommen oder sich Sorgen um die Gemeinschaft, um sich selbst oder andere Mitglieder machen, dürfen diese nicht äußern, außer gegenüber ihrem Verantwortlichen, der sie ihnen wieder ausredet. Das gilt auch und gerade dann, wenn Mitglieder ernsthafte psychische Schwierigkeiten haben.

Krankheiten von Mitgliedern. Über Krankheiten spricht man nicht. In der Regel bekommen Mitglieder gar nicht mit, wenn ein anderes Mitglied im selben Haus krank ist, sei es akut oder chronisch. Wer es dennoch mitbekommt, weiß, dass er darüber nicht sprechen darf, dasselbe gilt natürlich, wenn man selbst krank ist. Ob und was mit der betreffenden Person geschieht, ist allein Sache der Verantwortlichen.