Was will dieser Blog?

Dies ist der Blog ehemaliger Mitglieder des "Werkes". Er enthält Geschichten, Tatsachen und Erfahrungen, die vom "Werk" sorgfältig verschwiegen oder geleugnet werden. Er sei jedem ans Herz gelegt, der mit dem "Werk" in Kontakt kommt.

Moralismus


Beinert nennt Moralismus als Merkmal fundamentalistischer Gruppen. Werbick verwendet hierfür den Begriff "Systemangst": zwanghaftes Sicherheitsbedürfnis und Skrupulosität.
Moralismus drückt sich dabei durche folgende Phänomene aus:

- alle Dimensionen des Lebens, insb. des zwischenmenschlichen Umgangs und des gesellschaftlichen Zusammenlebens werden vornehmlich bzw. ausschließlich unter moralischem Gesichtspunkt betrachtet (Politik, Wirtschaft, Arbeit, Freizeit, Krankheit, Bildung, Essen, Kleidung etc.). Die "Auswüchse" des Moralismus nehmen dabei z.T. groteske Züge an.
- moralische Normen sind nicht verhandelbar.
- hinter der Verabsolutierung der moralischen Normen steht der Versuch, Deutungshoheit über die komplexe Vielfalt moderner Lebensentwürfe und gesellschaftlicher Entwicklungen zu gewinnen.
- Alle Handlungen werden in gut und böse eingeteilt, "Graustufen" dabei nicht gelten gelassen.
- persönliche Entscheidungen und Einzelsituationen werden kompromisslos nach scheinbar objektiven moralischen Normen beurteilt.
- es gibt eine Art "Moralpolizei", die die Einhaltung der Normen überwacht. Verstöße werden sanktioniert.
- die moralischen Normen werden von einer Institution vorgegeben, die dadurch ihren Autoritätsanspruch und Eingriffsrechte in das Leben ihrer Mitglieder sichert.


Im "Werk" herrscht ein ausgeprägter Moralismus. Dieser ist vermutlich der spürbarste fundamentalistische Zug der Gemeinschaft. Es ist der fundamentalistische Zug des Werkes, der Außenstehenden zuerst auffällt, da er spürbar alle Dimensionen des Lebens der Mitglieder beherrscht und ihre "missionarische" Tätigkeit gegenüber Dritten maßgeblich bestimmt.


Beispiele des typisch "werksmäßigen" Moralismus:

- Kleidung. Sie wird von Mitgliedern des "Werkes" entweder als "anständig" oder "anstößig" (im Sinne von aufreizend bzw. "unmännlich" oder "unweiblich") betrachtet.
Schwestern des Werkes tragen eigentlich Zivil. Tatsächlich gibt es aber einen ungeschriebenen Kleiderkodex, demzufolge sie immer wadenlange Röcke und weite Blusen in gedeckten Farben tragen müssen, dazu Nylonstrumpfhosen. Frauen, die als Assoziierte zum Werk gehören müssen ebenfalls Röcke tragen  - selbst die Töchter in den "Katakombenfamilien" werden dazu aufgefordert, sich dem Kleidungsstil der "Schwestern" des Werkes anzupassen. Hosen, kurze Röcke, Spaghetti-Träger, "nackte Beine", Bade-Kleidung, figurbetonende bzw. einfach nur gut aussehende Kleidung gilt als unmoralisch.

- Arbeit. Arbeit ist dem "Werk" zufolge entweder demütig/selbstlos oder "ich-gerichtet".
Sie wird also nicht nach ihrer Effektivität beurteilt, sondern praktisch ausschließlich nachdem Grad an Selbstüberwindung, die sie kostet. Je mehr Selbstüberwindung sie kostet und je weniger Selbsterfüllung sie dem Einzelnen gibt, je stiller und ausdauernder er sie dennoch erfüllt, desto höheren moralischen Wert besitzt sie. Je mehr Befriedigung sie dem Einzelnen bringt und je mehr persönliche Initiative er einbringt, je mehr er sie selbst in die Hand nimmt, desto mehr steht sie unter dem Verdacht "unmoralisch" zu sein. Das gilt besonders dann, wenn der "Spaßfaktor" und der "persönliche Gewinn" direkt und offen angestrebt wird. So handeln bspw. Mütter und Ehefrauen, die eine Arbeitsstelle suchen um durch das Ausüben ihrer beruflichen Qualifikation persönliche Erfüllung zu finden, in jedem Fall unmoralisch (moralisch handelten sie in den Augen des "Werkes" nur, wenn es ihnen keine persönliche Erfüllung bringt und sie es aus Not tun oder um in ihrer Arbeit missionarisch tätig zu sein, und dabei trotzdem ihrer "Pflicht" nachkommen die Hauptlast in Hausarbeit und Kindererziehung zu tragen).

- Zwischenmenschliche Kontakte. Beziehungen können dem "Werk" zufolge nur entweder selbstlos und damit tugendhaft oder persönlich bereichernd und damit nicht tugendhaft sein. "Tugendhafte" Beziehungen sind ideologisch verwertbar, die anderen sind es nicht und gelten als gefährlich. D.h. jede Beziehung, die um ihrer selbst willen geführt wird, ist unmoralisch. Jede Beziehung, die um der "Sache" willen geführt, also missionarisch instrumentalisiert wird, ist moralisch.

- grundsätzlich: jede Handlung, die um ihrer selbst willen vollzogen wird oder weil sie als persönlich bereichernd erfahren wird, gilt als tendenziell unmoralisch. Jede Handlung, die um des Werkes willen vollzogen wird, obwohl sie als persönlich nicht bereichernd evtl. gar als belastend erfahren wird, gilt als moralisch wertvoll.

Moral als alles beherrschendes Prinzip: Der Moral sind alle anderen Werte untergeordnet: Gesundheit, Ästhetik, Vernunft etc. gelten ihr gegenüber als zweitrangig.
Es ist bspw. unmoralisch bei Tisch die Speise zu wählen, die einem am besten schmeckt - man isst ja nicht, weil es schmeckt, sondern, um bei Kräften zu bleiben und "dienen" zu können: Geschmack muss der Moral weichen.
Es gilt als unmoralisch, das eigene Zimmer so zu gestalten oder die eigene Kleidung (innerhalb der strengen Regeln) so zu wählen, dass man persönlich Gefallen daran findet - man richtet sich ja nicht ein oder her, um sich wohl zu fühlen, sondern, um "ordentlich" zu sein und möglichst "anständig" zu wirken. Ästhetik muss der Moral weichen.
Es gilt als unmoralisch, sich den Tischnachbarn zu wählen, mit dem man sich besonders gut versteht - man hat menschliche Kontakte ja nicht zur persönlichen Bereicherung, sondern zum Nutzen des Werkes - Beziehungen werden abstrakten moralischen Normen untergeordnet.
Es gilt als unmoralisch, sich um die eigene Gesundheit zu sorgen, "nur" weil man Krankheit und Schmerzen fürchtet - die Sorge um die eigene Gesundheit ist allein insofern legitimiert als ein Krankheitsfall eine Belastung der Gemeinschaft wäre - Gesundheit wird der Moral untergeordnet.

Moral als Herrschaftsprinzip. Ähnlich wie im Militär, in dem das fein verästelte Netz unzähliger Vorschriften den einzelnen Rekruten praktisch in einen Zustand ständiger Bestrafbarkeit versetzt, ist es auch im Werk: jedes Mitglied steht ständig unter dem Verdacht, unmoralisch zu handeln. Die Mitglieder kontrollieren sich gegenseitig, teils aus naiver ehrlich gemeinter Sorge um die "moralische Integrität" der anderen, teil aus Neid und Missgunst, teils auf Anordnung der Vorgesetzten hin, die auf die Mitarbeit der "einfachen" Mitglieder angewiesen sind, um alle unter Kontrolle zu haben.
Jeder kann im Prinzip ständig eines Vergehens überführt werden, jeder weiß sich ständig beobachtet, keiner ist frei. D.h. auch: jeder ist auf das Wohlwollen seiner Vorgesetzten angewiesen und wird alles tun, um nicht aufzufallen oder sich unbeliebt zu machen. Tut man das doch, muss man damit rechnen, "bestraft" zu werden, etwa in dem man einen unliebsamen Auftrag bekommt oder weit weg versetzt wird. In jedem Fall muss man damit rechnen, "verhört" zu werden, also lange und zermürbende Gespräche mit den Verantwortlichen führen zu müssen, denen gegenüber es praktisch unmöglich ist, das eigene Handeln zu rechtfertigen.

Moral als Weltanschauung. Der Moralismus dient im Werk dazu die verwirrende, um nicht zu sagen beängstigende, Vielfalt moderner Lebensweisen zu deuten, ohne sich mit ihnen auseinandersetzn zu müssen. Unter Berufung auf die starren moralischen Normen des Werkes, die eine einseitige Verabsolutierung der katholischen Morallehre darstellen, sieht sich das Werk in der Lage, jedes Phänomen menschlichen Lebens und Handelns von vorneherein beurteilen, d.h. in gut und böse einteilen zu können. Damit bekommen die Mitglieder des Werkes ihre Verunsicherung angesichts eines für sie unverständlichen Wertewandels in den Griff und verschaffen sich selbst das Gefühl moralischer Überlegenheit.


Das Werk und John Henry Newman

Wie das Werk zu Newman kam und wie es mit ihm umgeht


Das Werk betreut seit Jahrzehnten mehrere Newman-Zentren, u.a. in Rom und Oxford und hat ein erstaunliches Netzwerk mit Verbindungen zu Newman-Forschern und Interessierten weltweit aufgebaut. Dabei ist das Werk nicht wirklich an Newman interessiert, sondern an Newman als einem "Seelenverwandten" Verhaeghes. Verhaeghe wurde in ihrer Jugend durch eine Anthologien-Sammlung auf Newman aufmerksam und las ihre eigenen Anschauungen in seine Aussagen hinein, eine Lesart seiner Texte, die bis heute von Mitgliedern des Werkes weitergeführt wird. Tatsächlich liegt nichts ferner: Newman schreibt in seinen meisten Schriften gerade gegen die Auswüchse jener Religiosität des 19. Jahrhunderts an, die das Werk anachronistisch wieder zum Leben erwecken will, die es pflegt und verteidigt.

Die Konsequenz sind Interpretationen von Newman's Schriften, die einer völligen Umdeutung  Newman's gleichkommen, und dies obwohl ca. die Hälfte der Dissertationen von Mitgliedern des Werkes sich mit Newman beschäftigen: Lutgart Govaert: Kardinal Newmans Mariologie und sein persönlicher Werdegang (Gregoriana 1973); Hermann Geißler, Gewissen und Wahrheit bei John Henry Kardinal Newman (Lateran 1991); Peter Willi, Sünde und Bekehrung in den Predigten und Tagebüchern John Henry Newmans (Innsbruck 1992); Kathleen Dietz, John Henry Newman and the Fathers of the Church (Angelicum 2007).

Aus diesem Grund wird dem Werk die wissenschaftliche Anerkennung von Seiten der deutschen John-Henry-Newman-Gesellschaft oder renommierter Newman-Forscher (wie bspw. Roman Siebenrock, Günter Biemer, Ian Ker) seit Jahren verweigert, das Verhältnis beschränkt sich auf Zusammentreffen bei internationalen Tagungen, bei denen das Werk versucht, für sich selbst zu werben und seinen promovierten Mitgliedern zur Vernetzung und Anerkennung zu verhelfen (Bsp: die Newman-Konferenz in Rom 2010). Anerkannte Newman-Forscher beteiligen sich an solchen Veranstaltungen, weil sie ihnen eine Plattform bietet. Das Werk profitiert seinerseits davon, da die "Newman-Arbeit" eine seiner letzten öffentlichen Plattformen und sein größtes Prestige-Objekt ist.

Wenn sie auch vor dem Wissenschaftler nicht bestehen, erscheinen die Ausführungen "studierter" Priester und Schwestern vor dem Laien seriös. Dabei sind sie oft schon unter rein logischem Gesichtspunkt unhaltbar. Das soll hier nur anhand zweier rezenter Beispiele veranschaulich werden, die im Grunde für sich selbst sprechen und keines weiteren Kommentars bedürfen, nämlich an einem Artikel von Hermann Geißler in der theologischen Zeitschrift communio und einer Predigt von Peter Willi.


Hermann Geißler, Das Zeugnis der Gläubigen in Lehrfragen nach Newman

Wie er [John Henry Newman] im 19. Jahrhundert die Reduktion der Kirche auf das institutionelle Gefüge anprangerte, so würde er heute wohl die Tendenz zur Einebnung der Unterschiede zwischen Laien und Hierarchie aufdecken. Ähnlich wie er seinerzeit darüber klagte, dass man dem Konsens der Gläubigen keine Bedeutung beimaß, würde er in unseren Tagen vielleicht bemängeln, wie manche in der Kirche vergessen haben, dass die Entscheidungen in Fragen des Glaubens und der Sitten einzig und allein der Hierarchie zukommt.
Hermann Geißler, Das Zeugnis der Gläubigen in Lehrfragen nach John Henry Newman, in: IkaZ 41 (2012), 678.

Newman machte deutlich, dass die Kirche nicht nur aus dem Klerus besteht, sondern Gläubige und Klerus zusammen die Kirche bilden. Geißler leitet daraus ab, dass er heute bedauern würde, wenn die Unterschiede zwischen Laien und Hierarchie eingeebnet würden. Newman setzte sich im 19. Jahrhundert für die  Beteiligung von Laien bei Entscheidungen in Fragen des Glaubens und der Sitte ein. Hermann Geißler leitet daraus ab, dass er sich im 20. Jahrhundert wohl dafür eingesetzt hätte, dass solche Entscheidungen "allein der Hierarchie" zukommen... Dahinter verbirgt sich nicht nur eine grobe (unbewusste oder gewollte?) Missinterpretation von Newman's Grundgedanken, sondern auch eine Missinterpretation der aktuellen kirchlichen Situation. Diese Missinterpretation verrät Angst vor den Laien, da ihr die aktuellen Möglichkeiten zur Beteiligung von Laien schon übertrieben und so gefährlich erscheinen, dass sie wünscht, Newman würde auf den Plan treten und sie "aufdecken".


Peter Willi, Newman's Ideal von Heiligkeit

Heilig werden bedeutet für Newman schlicht und einfach: Tun, was man als wahr erkannt hat, in die Tat umsetzen, was man als Pflicht, als Wille Gottes, als Wert erkannt hat. Er sagt einmal: „Ich möchte nur behaupten, dass unsere Pflicht in Handlungen besteht – Handlungen jeder Art, Handlungen des Geistes so gut wie der Zunge und der Hand; aber auf jeden Fall besteht sie aus Handlungen; sie besteht nicht unmittelbar in Stimmungen und Gefühlen.“ Taten bringen uns viel weiter voran als Wissen, Gedanken, Worte oder Gefühle. Werke des Glaubens und der Liebe aus der Kraft der Gnade
verwandeln den Menschen und formen ihn zum Heiligen.

Peter Willi, Newman's Ideal von Heiligkeit, Predigt "zum bevorstehenden Allerheiligenfest" Oktober 2013.

Newman versucht die Konzentration frommer Kreise im 19. Jahrhundert auf das "fromme Gefühl" zu überwinden, indem er ihm geistige und praktische Verantwortung und Engagement entgegenstellt. Peter Willi folgert daraus den Primat der Tat vor dem Wissen, Denken und Reden, - das hat Newman aber nicht nur nicht gesagt, er hat das Gegenteil gesagt: die Art von Taten, von denen Newman spricht schließt Denken, Reden und Wissen ein (Handlungen des Geistes so gut wie der Zunge). Willi zielt dagegen auf ein Grundprinzip des Werkes ab, das man in Newman's Schriften beim besten Willen nicht ausfindig machen kann und das konträr zu Newman's eigenem Handeln steht: Handeln "aus Glauben" und "aus Gnade" ohne vorher nachzudenken, ohne Wissen, ohne darüber zu diskutieren (siehe die drei Pfeiler).