Ich hörte das erste Mal vom Werk, als meine Schwester von dieser Gemeinschaft angesprochen wurde. Niemand in unserer Umgebung hatte je von dieser Gruppierung gehört. Später erkannten wir, dass wir durchaus schon von ihnen gehört hatten, aber unter anderem Namen "Opus Christi Regis" oder "Paulusheim" - warum all diese Namensänderungen? Meine Schwester trat ein und so lernte auch ich das Werk kennen. Was anfangs wie eine gute Sache aussah, schien mit der Zeit eher ein abgekartetes Spiel zu sein. Sie wandten geschickt ausgeklügelte Methoden an, die sehr stark an die Methoden von Sekten erinnern... ich möchte hier kurz erzählen, was mir im Kontakt mit diesen Menschen geschehen ist.
Wenn man einmal mit ihnen in Kontakt gekommen ist und sie den Eindruck haben, dass man ihnen "nützlich" sein kann, wird langsam ein "Netz" um dich gesponnen. Du wirst einem Priester des Werkes vorgestellt. Dir werden Gespräche angeboten (um die du nie gebeten hast). Du wirst zum Essen mit der Gemeinschaft eingeladen, das dann aber "spontan" durch ein Vier-Augen-Gespräch mit einem Priester des Werkes ersetzt wird. Man erkundigt sich nach deinem Privatleben. Deine Familie wird gründlich unter die Lupe genommen. Auch deine Pfarrei wird Thema. Und dann kommt die für sie so wichtige Frage: "Was hast du nach der Schule/dem Studium vor mit deinem Leben?" Sie haben eine gute Methode das herauszufinden. Sie stellen dich vor die Wahl Familie oder Ordensleben und lassen dich sieben Tage für das eine, sieben Tage für das andere beten. Sie erwarten, dass du währenddessen niederschreibst, was dabei in dir vorgeht. Aufgrund deiner Aufzeichnungen legen sie dann fest, was die richtige Wahl für dich ist.
Ich lernte in dieser Zeit jemanden kennen. Ein großes Problem, meinte der Pater. Er begann also, noch tiefer zu graben. Zuerst musste ich dafür sorgen, dass ich mit niemandem anderen mehr meine persönlichen Angelegenheiten besprach. Alle Kontakte zu Menschen, die nicht zum Werk gehörten, sollte ich ruhen lassen. Dann folgten viele Gespräche, einmal ging das einen ganzen Tage lang. Als der Pater spürte, dass ich voller Zweifel war, wurde ich nicht mehr zu den gemeinschaftlichen Besinnungstagen eingeladen; ich hätte die anderen jungen Menschen verwirren können. Ich bestand darauf, dass ich einige Einkehr-Tage alleine verbringen wollte, ohne die ständigen Gespräche mit dem Pater. Bevor ich danach aber nach Hause gehen konnte, sollte ich ihm dennoch einen Bericht über diese Tage abliefern.
Die Zweifel, die Angst, die Albträume erreichten damals ihren Höhepunkt. Ich fühlte mich krank, verlor viel Gewicht, bekam Magen- und Darmbeschwerden. Man machte mir klar, dass nun die Zeit reif wäre, eine Entscheidung zu treffen. Ich wurde zur Erholung zu ihnen eingeladen. Außer einer Schwester war niemand im Haus. Die Gespräche begannen von Neuem. Alle meine Bedenken wurden relativiert, mit Bibelzitaten "widerlegt" oder als hochmütig abgetan. Als ich es schlussendlich einfach endgültig leid war, sagte ich: "was sein muss, muss sein" - für sie hatte ich damit mein Ja-Wort gegeben. Sofort wurde ich aufgefordert, im Mutterhaus in Bregenz anzurufen, um dort mein Ja-Wort zu geben. Ich konnte nicht schnell genug in ihren Kreis aufgenommen werden. Meine eigenen Eltern wurden nicht eingeweiht. Einige Tage später schon brachte der Pater mich mit dem Auto nach Bregenz. Ich hatte das Gefühl, in ein Gefängnis gebracht zu werden.
Sobald ich da war, begannen die Vorbereitungen für die Eintrittsfeier. Offenbar sollten auch andere junge Menschen eintreten. Wir waren zu sechst. Ich hatte noch keine Ahnung von der Spiritualität des Werkes, noch von dem Auftrag, der mich erwarten würde. Fragen wurden konsequent abgewimmelt mit der Bemerkung: "Das kommt alles später." Ich begann selbst, mich ein wenig zu informieren. Es schien Konstitutionen zu geben; ihr Inhalt war aber nur für Eingeweihte bestimmt...
Meine Eltern kamen nach Bregenz, um ihren Urlaub hier zu verbringen. Sie durften nicht wissen, dass ich mein Ja-Wort schon gegeben hatte. Alle Mitglieder der Gemeinschaft mussten vorerst darüber Stillschweigen bewahren. Erst als Kardinal M. auf Besuch kam, war das für sie der ideale Moment, alles auch meinen Eltern bekannt zu machen. Es gab also eine große Feier mit dem Kardinal. Die Thalbach-Kirche war zu klein, um alle Menschen zu fassen. Es fühlte sich an, als wäre mein Schicksal nun beschlossen. Innerhalb von nur sechs Monaten, war mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt worden. Ich fühlte mich krank, aufgewühlt und erschöpft von dem ganzen Trubel. Ich hatte die Nase voll von der vielen Geheimnistuerei, der künstlichen Fröhlichkeit und der Vertrauensseligkeit der Verantwortlichen, die begonnen hatten, mein ganzes Leben zu bestimmen. Sie taten das alles in der Überzeugung, die wahren Werkzeuge Gottes zu sein. Ein Gott der Angst, der Schuld, der Versuchung und der Buße war alles, was von dem Glauben übrig geblieben war, den ich einmal als befreiend erlebt hatte...
Fortsetzung folgt...
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