Was will dieser Blog?

Dies ist der Blog ehemaliger Mitglieder des "Werkes". Er enthält Geschichten, Tatsachen und Erfahrungen, die vom "Werk" sorgfältig verschwiegen oder geleugnet werden. Er sei jedem ans Herz gelegt, der mit dem "Werk" in Kontakt kommt.
Posts mit dem Label Einzelne Zitate von Verhaeghe werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Einzelne Zitate von Verhaeghe werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Der soziale Abgott (Die Kirche in der Not unserer Zeit)

Wie der "Quälteufel" ist auch dieser Text Verhaeghes (Die Kirche in der Not unserer Zeit) streng geheim. Die wenigsten Mitglieder bekommen ihn überhaupt zu lesen. Dennoch werden alle im Geist dieses Textes "geformt". 

Der Humanismus und seine Ideale werden als die größte und gefährlichste Versuchung des Glaubens betrachtet, der durch eine Art Weltverschwörung überall verbreitet wird und der auch die Kirche vor allem im 20. Jh. weithin erlegen ist. Daher hätte sie sich schon weit von Gott und dem "wahren Glauben" entfernt und steht an der Schwelle zur Satansanbetung. Kirche und Welt befinden sich im Todeskampf. Die Mitglieder des Werkes sind auserwählt, ihr in dieser Situation beizustehen.

Das Werk sieht seine Aufgabe darin, die Kirche und den katholischen Glauben vom Humanismus zu reinigen. Nicht Mitmenschlichkeit, soziales Denken und Handeln fordert der christliche Glaube von uns, sondern das Handeln nach Gottes Willen. Übereinstimmungen zwischen beidem sind allenfalls zufällig. Wenn der Wille Gottes (der sich durch die Leitung der Kirche und des Werkes kundtut) verlangt gegen menschliches Mitgefühl zu handeln ist ihm unbedingt Folge zu leisten.

Dieser Maxime liegt offensichtlich ein un-menschliches Gottesbild zugrunde. Durch die Gleichsetzung des "Willens Gottes" mit dem der Oberen wird sie zusätzlich brisant: Mitleid mit anderen erscheint als "soziale Abgötterei" und eine Berufung auf das eigene Gewissen als ein Indiz dafür, dass man vom "humanistischen Glaubensverfall" infiziert ist. Grausames Handeln gegenüber Mitmenschen kann religiös gerechtfertigt werden, ja als gottgewollt erscheinen. Eine Maxime, die sich zerstörerisch auf jede Art von sozialem Zusammenleben auswirken muss, umso mehr auf das in einem hierarchisch strukturierten Institut.

Dass dieser Text Das Werk angreifbar macht, ist der Leitung der Gemeinschaft durchaus bewusst. Deswegen hält sie ihn vor dem Großteil ihrer eigenen Mitglieder zurück, damit er nicht an die Öffentlichkeit gelangt.

[Im Folgenden veröffentlichen wir uns vorliegende Ausschnitte aus: Das Werk in der Not unserer Zeit. Hervorhebungen stammen von uns]


O ewiges Licht, bleibe bei uns, denn es ist dunkel geworden und Nacht herrscht auf dieser Welt. Wir leben als Berufene in dieser Zeit, um des göttlichen Erbarmens willen werden wir aufgefordert, am Todeskampf Deiner heiligen Kirche teilzunehmen im Jetzt, Hier und Heute. Du selbst hast im Charisma, das Du ins Leben gerufen und dem Du die Ausrichtung gegeben hast, die Art und Weise dieser Teilhabe bestimmt. Mögen wir stets in Treue zu Dir befunden werden, der Du uns gegeben bist. Du hast uns ohne eigenes Verdienst Deine unendliche Barmherzigkeit geoffenbart durch dieses ewige Licht, das Du, Herr, selber bist und das Du durch Dein Kommen auf Erden hast aufleuchten lassen. Amen. [WNZ 7f]

Inmitten unserer Welt von Verbündeten, nicht nur in Sachen Krieg, sondern auch auf geistiger, wissenschaftlicher, kultureller und wirtschaftlicher Ebene, bleibt es ein Gnadenstrahl Gottes, daß wir aufgerufen sind, aus einer Mentalität, die nur auf dem Humanen gründet, herauszutreten. Darum habe ich diesen 'sozialen Gott' auch den 'humanistischen Gott' genannt. Es sind zwei Namen für ein- und denselben Abgott, für dieselbe teuflische Inspiration, welche die Kirche und den Glauben zu schwächen und die Geister zu verfinstern trachtet. [...]
'Sie vertauschten die Herrlichkeit des unverfänglichen Gottes mit dem Abbild der Gestalt von vergänglichen Menschen, von Vögeln, Vierfüßlern und Gewürm (Röm 1,23)'. Dieses 'Abbild der Gestalt von vergänglichen Menschen', worüber der heilige Paulus spricht, ist für viele in unseren Tagen der Mensch selbst geworden: sie beten sich selbst an, ihren eigenen Intellekt und Verstand, die Mitmenschen oder die Mitmenschlichkeit. Obwohl dies alles begründet zu sein scheint, ist es ein großer Irrtum, der Geist und Herz der Menschen verfinstert und gefangen hält und dem einzig wahren Gott die Huldigung stiehlt. Es ist die sublimste Form der Abgötterei und die letzte Brücke zur Anbetung Satans selbst. [WNZ 31f]

Auf vielen Ebenen wird bewußt oder unbewußt an einer 'neuen Weltordnung' und 'Welteinheit' mitgearbeitet, die weder die von Gott gedachte, noch die von ihm gewollte Weltordnung ist. Sie entspringt diesem sozialen und humanistischen Abgott, der auf sublime Weise die Menschen betrügt und durch Lügen in Verwirrung bringt. So stellen sie das 'Gefühl der Einheit und Zusammengehörigkeit' über die 'Einheit in der Wahrheit', die von Gott für alle Völker und Zeiten in Christus Jesus geoffenbart wurde, der am Höhepunkt der Menschheitsgeschichte gekommen ist. [WNZ 32f]






Absterben

Viele Texte Verhaeghes dokumentieren ihr dualistisches Welt- und Menschenbild. Sie unterscheidet zwischen dem "rein Menschlichen" und dem "Übernatürlichen". Nur Letzteres führt zu Gott, alles Menschliche dagegen führt von Gott weg, ja mehr noch: es wird zum Einfallstor des Teufels.

Der folgende "Brief von Mutter Julia an eine Mitschwester von 1946 oder 1947", der bis heute als "Betrachtungstext" für die Mitglieder der Gemeinschaft verwendet wird, veranschaulicht diese Maxime mit einer erschreckenden Detailliertheit. Was bleibt von einem Menschen übrig, der diese Anweisungen befolgt? Wer sich selbst derart abgestorben ist wird dadurch Gott nicht näher kommen. Er wird vielmehr zu einem willenlosen Werkzeug in der Hand Verhaghes bzw. ihrer Nachfolger(innen). Die "Liebe", die das Ergebnis einer solchen Abtötung ist, verdient den Namen nicht.

[Unterstreichungen und Fettdruck wie im Original]


Aus einem Brief von Mutter Julia an eine Mitschwester von 1946 oder 1947

Die Sinne sind: das Gehör, das Sehvermögen, der Geschmack, das Gefühl.

* Stirb Deinem Gehör ab im Hinblick auf den Genuss von Lob und Schmeichelei, sowie im Hinblick auf das Hören von Gesang, Musik und nutzlosen oder banalen Gesprächen.

* Stirb Deinem Sehvermögen ab im Hinblick auf die Befriedigung der Neugier sowie im Anschauen oder Betrachten von Menschen und Dingen, ebenso beim Lesen von Schriften und Büchern, Plakaten, Zeitungen, Zeitschriften u.s.w.

* Stirb Deinem Geschmacksempfinden ab in der Lust an Speise und Trank (Ernährung), in der Kleidung aus geschmacklichen und ästhetischen Gründen, in [der Empfindlichkeit für] angenehme und unangenehme Düfte oder Gerüche

* Stirb Deinem Gefühl ab in allen Neigungen zu Frohsinn und Trübsal, in Schmerz und Qual, in Beifall oder Widerstand, in körperlichem, materiellem oder geistigem bzw. geistlichem Besitz oder Empfinden.

Ich glaube, hiermit genügend Dinge zur Abtötung der sinnlichen Neigungen angeführt zu haben. Strebe mit Großmut danach, Dich abzutöten oder freizumachen von diesen sinnlichen Neigungen, damit Du, ganz losgelöst von Dir selbst und an Dir selbst, eifrig werden kannst, Gottes Gegenwart zu empfangen und in Dir zu tragen. Vollziehe das Absterben und die Loslösung an Dir selbst, nicht an anderen. Indem Deine Abtötung stärker an Gott und auf Gott hin ausgerichtet ist, wird Deine Selbstanforderung und Selbstzucht zu einer guten, milden und weitherzigen Zuvorkommenheit für den Mitmenschen und Mitbruder aufblühen. Dadurch wirst Du tugendhaft werden im Üben der Liebe.





Das Isaakopfer

In diesem Text zeigt Verhaeghe, was sie von ihren Mitgliedern fordert: wie Gott von Abraham verlangt hat, seinen eigenen Sohn zu töten, sollen die Mitglieder des Werkes im Gehorsam gegenüber ihren Verantwortlichen zu allem bereit zu sein, insbesondere dann, wenn es darum geht, das zu opfern, was ihnen am wichtigsten und liebsten ist.

Im Werk wird dieses Verhaeghe-Zitat besonders dann gebraucht, wenn ein Verantwortlicher ein Mitglied dazu bewegen will, den Kontakt zu seiner Familie, seine besonderen Begabungen oder seine tiefsten Wünsche aufzugeben. Das bricht den Mitgliedern das Herz, und macht sie nachhaltig innerlich krank.

Dieser Text zeigt auch, wie gefährlich eine nicht theologisch fundierte, rein geistlich-biblizistische Bibelauslegung ist, wie sie von Verhaeghe immer praktiziert worden ist und bis heute im Werk praktiziert wird. 

"Es wird von uns der Glaube gefordert, der in menschlicher Ohnmacht sein Kind zum Opferaltare bringt. Dort wird Gott selbst eingreifen und den Glaubensakt, den der Glaubende in Treue zu seinen heiligen und unergründlichen Verfügungen vollzogen hat, in einen Akt der Anbetung verwandeln, der Ihn ehrt und verherrlicht."
Julia Verhaeghe 

Geben, Opfern, Sterben: Die evangelischen Räte.


Liebe, die gibt, die opfert, die stirbt

Dieser Text ist eine Auslegung der drei evangelischen Räte nach Verhaeghe. Entsprechend ihrem negativen Menschenbild betrachtet sie die evangelischen Räte einseitig als "Opfer". Nur durch radikalen Verzicht auf das eigene Ich und die geschaffene Welt kann die Seele Gott wohlgefällig sein und zu ihm gelangen.

Abgesehen davon, dass eine derart radikale Distanz "zu jedem geschaffenen Wert" praktisch unmöglich ist, stürzt der damit verbundene Anspruch den Einzelnen in einen tiefen inneren Konflikt, weil er ihn zwingt, seinen eigenen Intuitionen und Bedürfnissen zu misstrauen und sie zu unterdrücken anstatt sie zu integrieren, weil er zudem ein Gottesbild vermittelt, das den Menschen nur unter Vorbehalt liebt.


Liebe, die gibt:

In jungfräulicher Reinheit gehöre ich ganz dir an. Jesus, in dieser heiligen Fastenzeit will ich dir ganz hingegeben sein.

- Ich will allem entsagen, was nicht zu dir führt.

- Ich will mich von allem enthalten, was nicht das Wesentliche betrifft.

- Ich will mich vorbereiten auf das ewige Hochzeitsmahl.

- Möge ich nach deinem Opfer hungern, nach deinem Opferblute dürsten.


Liebe, die opfert:

In tiefer Armut will ich nichts für mich selbst besitzen, sondern alles ausrichten auf die Ehre deines Vaters und den Ruhm deiner Kirche. Jesus, in dieser heiligen Fastenzeit will ich mit dir opfern.

- Ich will nicht begierig nach den Gütern dieser Zeit verlangen.

- Ich will meine Kräfte, meine Talente und meine Zeit gewissenhaft gebrauchen und dir in allem selbstlos dienen.

- Ich will nichts für mich selbst zurückbehalten, was ich von dir empfangen habe.


Liebe, die stirbt:

In treuer Folgsamkeit will ich immer mehr mit dem Willen meines Bräutigams eins werden. Jesus, in dieser heiligen Fastenzeit will ich mit dir sterben.

- Möge ich arm werden an eigenem Willen.

- Möge dein Wille mein ganzes Verlangen sein.

- Möge mein menschliches Denken aus meinem Herzen genommen sein.

- Möge dein Geist mich leiten und mich voranführen.

- Möge meine Seele von dir erfüllt und ergriffen werden.

- Möge mein Gehorsam dir bis ans Kreuz folgen.

- Möge ich mit dir und für dich den Tod der Liebe sterben.

Maria, schmerzhafte Mutter, präge deine Opferbereitschaft in meine Seele ein, so dass ich mit dir den Weg deines Sohnes gehe, den Kreuzweg, der mich zum Tisch des ewigen Ostermahles führen wird!


Durch ihr gottgeweihtes Leben treten die Angehörigen des ‚Werkes‘ in die Nachfolge Christi ein. Im ‚Werk‘ binden sie sich durch ihr ‚Heiliges Bündnis‘ an ihn und gehen so den Weg mit ihm. Daraus ergibt sich der Buß- und Opfercharakter ihres Engagements. 

So soll ihr Leben dem einen dienen: eine Antwort auf seine einladende göttliche Liebe sein, indem sie ihm ihre ganze menschliche Liebe schenken. Ihr ‚Heiliges Bündnis‘ in vollkommener Jungfräulichkeit, vollkommener Armut und vollkommenem Glaubensgehorsam ist der Weg, auf dem sie diese Antwort der Liebe verwirklichen. Wer zum ‚Heiligen Bündnis‘ berufen wird, tritt in Distanz zu jedem geschaffenen und begrenzten Wert, um seine Liebe ungeteilt Gott zu schenken und diese um seinetwillen als selbstlose Güte zu den Menschen zurückkehren zu lassen. So leben wir die Jungfräulichkeit als die eine ungeteilte Liebe; die evangelische Armut als die auf Gott vertrauende Hoffnung; den Gehorsam als liebenden und bedingungslosen Glauben.

Julia Verhaeghe

Einheit und Familiengeist


Dieser Text Verhaeghes ist ein typischer "Betrachtungstext": er wird aus dem Kontext genommen, auf ein Din A4 Blatt gedruckt und den Mitgliedern einen Tag lang, etwa an einem "Einkehrtag" überlassen. Oft müssen sie dann einen "Bericht" darüber verfassen, in welcher Weise sie sich von diesem Text "im Gewissen berührt" fühlen.

Auch inhaltlich ist der Text in vielerlei Hinsicht typisch. 
1) Das Werk als der Mystische Leib Christi? Verhaeghe spricht von Paulus und seinen Worten über die Kirche, den Mystischen Leib Christi, den sie "gesehen" habe - und sie sagt wortwörtlich, dass das Werk den Mystischen Leib "darstellen" muss. - Das soll es anscheinend tun, indem es den Anspruch dieser Metapher vollkommen erfüllt: Einheit um jeden Preis. 
2) Vollkommene Unterordnung. Verhaeghe spricht von Einheit, gegenseitiger Ergänzung und Familiengeist. Scheinbar schätzt sie die Vielfalt der Begabungen, ihr eigentliches Anliegen ist aber, den Einzelnen in den Dienst des Ganzen zu stellen, er muss sich einfügen. Der Text, der dem "Familiengeist" gewidmet ist, ist in Wirklichkeit überwiegend ein Appell zur Unterordnung. "Liebe" ist in diesem Zusammenhang nichts mehr als eine "reine Tugend", die mit zwischenmenschlicher Begegnung und persönlicher Beziehung nichts mehr zu tun hat. Damit zwingt Verhaeghe die Mitglieder gerade in jene Schein-Einheit, die sie eigentlich verurteilt. Die Mitglieder sollen ja gerade nicht nur so 'tun als ob' sie gerne dem "Ganzen" dienen und "alle eins" sind, das heißt aber in der Realität: sie sollen sich nicht nur äußerlich den Interessen des Werkes unterordnen, sondern müssen ihr ganzes Sein und Wollen den Interessen des Werkes unterordnen - dies ist in Wahrheit ein ungeheuerlicher Anspruch.

Ich habe den Mystischen Leib als ein Ganzes gesehen, nicht in Teilen. Wir müssen den Mystischen Leib darstellen durch unser Einssein. Gott hat wohl an alle etwas, Teile, von seinen Gaben gegeben, wenn ich mich so ausdrücken darf. Ich verstehe es im Sinn des heiligen Paulus, wenn er über die Verschiedenheit der Gaben und über die Einheit in der Verschiedenheit spricht. Doch eines hat Gott uns ganz und ungeteilt gegeben: seine Liebe. In der Liebe müssen wir fähig werden, die Gaben, die wir als Teile eines Ganzen empfangen haben, ineinander fließen zu lassen. 
Der heilige Paulus lehrt uns, wie die einzelnen Glieder ihre je eigene Aufgabe zu erfüllen haben und im Dienst des Ganzen stehen. Das ist die wahre, fruchtbare Einswerdung. Dann ist unsere Einheit auch eine Wirklichkeit, die im Innern lebt und nicht nur Schein nach außen ist. Schein-Einheit ist ein freundliches Getue. So etwas ist weit entfernt vom Zusammenströmen in der Tugend, vom gegenseitigen sich Absprechen und vom Ineinanderströmen in der Liebe. Wir müssen lernen, gemeinschaftlich zu denken und zu arbeiten und nicht nur für sich allein zu arbeiten und zu denken. 
Dieses "Für-sich-allein-sein-Wollen" war der Untergang vieler Gemeinschaften in der Kirche. Es baut den Familiengeist nicht auf. In einer Familie geht doch auch das mehr Persönliche der Eltern, im Maß des Wachstums eines jeden, auf die Kinder über. Darum wurde der Familiengeist von Beginn des "Werkes" an so stark betont und wird die Formung daraufhin orientiert, da es in unserer Zeit einen solchen Mangel an Familiengeist gibt.

-  Julia Verhaeghe, 25.01.1981

Selbstverleugnung

Dieser Text ist eine Sammlung verschiedener Zitate Verhaeghes, die vermutlich größtenteils aus Briefen stammen, die sie der Gemeinschaft jeweils in der Fastenzeit geschrieben hat. Verhaeghe unterstreicht Selbstverleugnung, Opferbereitschaft und Abtötung als notwendige Bedingung, um Gott zu gefallen und ein geistliches Leben zu führen. Dabei werden diese Haltungen undifferenziert als Läuterung der sündhaften menschlichen Natur, als "Lösung aus der Ichgebundenheit, die aus der Erbsünde kommt", verstanden.

Diese im Werk oft zur Betrachtung verwendeten und vorgetragenen Texte zeigen ein Stück weit die unmenschliche Spiritualität des Werkes, die darin besteht, das menschliche Ich an sich, in seinem Streben nach Erfüllung und Genuss zu verteufeln und den absoluten Verzicht nicht nur zum (unmöglichen) Ideal, sondern gar zur Bedingung des geistlichen Lebens zu machen Die individuelle Entfaltung von Menschen wird auf diese Weise unterdrückt, Menschen werden in ihrem Glücksstreben gebrochen und zu einem permanenten schlechten Gewissen verurteilt.

Mitglieder des Werkes, die dieses Ideal verinnerlicht haben, sind im eigentlichen Sinn des Wortes selbst-los geworden: sie sind ohne besondere Eigenschaften, ohne eigene Wünsche und Bedürfnisse, leicht verfügbare, anspruchslose, sich selbst gegenüber gleichgültige Arbeitskräfte im Dienst der Leitung des Werkes...

Die Selbstverleugnung, die Entsagung und die Abtötung sind ein notwendiges Gut auf dem Weg des Glaubens, um Jesus nachfolgen zu können. Sie sind wie drei Pfeiler, die miteinander verbunden sind, einander stützen und ergänzen…

Ja, Jesus erhob die Selbstverleugnung zum unentbehrlichen Grundsatz für seine Jünger. Wie könnten wir es wagen, an dieser Bedingung zu rütteln oder Einwände gegen sie vorzubringen … Nein, das wollen wir nicht tun, wie immer man auch in unseren Tagen darüber urteilen mag! … Jesu Wort bleibt ewig und unabänderlich wahr in seiner Echtheit und in seinem Inhalt.

Wie sehr möchte ich euch alle in eurer Lebensberufung im ‚Werk‘ glücklich wissen! Darum kann ich nicht aufhören, euch stets auf diese Bedingung – die Selbstverleugnung – hinzuweisen. Wer danach lebt, wächst im Glauben und in der Kenntnis der Gnade; er erfährt Jesu Wirken in ihm selbst und in seinen Werken. Er nähert sich Jesus in einer stets innigeren Vereinigung und wird fruchtbar im Dienste des Herrn.

Selbstverleugnung, Entsagung, Abtötung sind drei verschiedene Dimensionen der Selbsthingabe.

Das Opfer ist ein notwendiges Gut auf dem Wege der Bekehrung. Christus ist uns darin vorangegangen, damit wir wissen sollten, dass das wahre Leben wiedererrungen werden muss durch den guten Kampf, der uns die Selbstverleugnung, die Entsagung und die Abtötung auferlegen. Wir müssen diesen guten Kampf führen gegenüber der Sünde, den Neigungen zum Bösen und den Untugenden, welche wir in uns und um uns herum als Folgen der Erbsünde erfahren, die in jedem von uns wirksam sind.

Seien wir doch nicht so ängstlich angesichts des Opfers und des guten Kampfes: sie führen uns zum wahren Leben und zur Erlösung, sie lösen uns aus den Fesseln der Ichgebundenheit, in der wir alle wie in einem Kerker gefangen sind!

Geliebte, in dieser Fastenzeit bitte ich den Herrn für euch alle, dass sein Wort euch tiefer ergreife, damit sich euer Wille entschieden auf ihn ausrichte, im Glauben, in Opferbereitschaft, in großmütiger Selbstverleugnung und Entsagung. Auf diese Weise könnt ihr dem Herrn eure Dankbarkeit für die Gabe des Glaubens und für die Gnade der Berufung zum Ausdruck bringen. Durch sie seid ihr zu Trägern seines Lichtes für die Kirche in unserer Zeit vorherbestimmt, um vielen Seelen in seinem Namen Licht und Heil zu bringen und viele zur Auferstehung in Christus zu führen durch euren Glauben in seinem Dienst, einem Glauben, aus dem ihr in Tugend und voll Eifer lebt.
Julia Verhaeghe

Erschafft Gott Menschen für das Werk?

Dieser kurze Text von Verhaeghe zeigt, welches Konzept von "Berufung" im Werk herrscht. Er suggeriert nämlich, dass die Mitglieder des Werkes von Geburt an für das Werk bestimmt sind. Verhaeghe geht also davon aus, dass Gott Menschen für das Werk erschafft, als "Werkzeuge". 

Dieser Logik folgend müssen Mitglieder des Werkes Ausschau nach jenen Menschen halten, die ja ohnehin (auch ohne ihr Wissen und Wollen) immer schon für das Werk bestimmt sind. Solche vermeintlich von Gott Berufenen werden in die Zentren des Werkes eingeladen, wo dann die Verantwortlichen des Werkes, die sich kraft ihrer "Standesgnade" als von Gott dazu befähigt halten, das Urteil darüber fällen, ob die betreffende Person eine Berufung hat oder nicht. Dabei ist es tatsächlich irrelevant, ob sie selbst sich berufen fühlt. 

Wenn die Leitung des Werkes davon überzeugt ist, dass jemand eine Berufung zum Werk hat, wird er mit allen möglichen Mitteln, in langen Gesprächen, Besuchen und Briefen, mit allen möglichen Argumenten und Aufdringlichkeiten unter Druck gesetzt, seine Berufung "einzusehen" und ins Werk einzutreten. Widersteht er und tritt nicht ein, bleibt er vor weiterer jahrelanger Belästigung nicht sicher. In jedem Fall werden die Mitglieder des Werkes ihm mitteilen, dass er seine Berufung verfehlt, sich damit vor Gott, vor der Kirche und vor sich selbst schuldig macht, nur an sich selbst denkt und unweigerlich ein verfehltes unglückliches Leben haben wird. Auch wo, aus Angst vor der Öffentlichkeit, auf besonderen Druck verzichtet wird, geschieht er dennoch auf subtilere Art und Weise. Die Überzeugung, dass Gott Menschen für das Werk erschafft und es gilt, diese ausfindig zu machen und zu gewinnen, bleibt bestehen und schafft die Grundlage dafür.

Der Text suggeriert sogar noch mehr, nämlich, dass nur Mitglieder des Werkes vor Selbstsucht und dem daraus resultierenden Unglück bewahrt werden (ein Mensch, der nicht ins Werk, sondern in einen andere Gemeinschaft eintritt, kann in den Augen des Werkes auch seine Berufung verfehlt haben). Vor allem aber suggeriert er eines: es ist Selbstsucht, nicht ins Werk einzutreten, umgekehrt setzt ins Werk einzutreten absolute Selbstlosigkeit voraus, irgendwelche Wünsche mitzubringen oder Ansprüche zu stellen, verträgt sich nicht damit, "Werkzeug" im Werk zu sein. Menschen werden hier wie Marionetten in den Händen Gottes betrachtet, was sich mit einem gesunden Gottesbild nicht verträgt. Tatsächlich sind die Mitglieder des Werkes Marionetten in den Händen ihrer Verantwortlichen.


Gott hat uns das Leben hier auf Erden gegeben, damit wir aufgrund der gnadenvollen Vorherbestimmung und Auserwählung zu seinem ‚Werk‘ seine Werkzeuge seien. Er hat uns gerufen, durch unser Leben im Dienst an der Einheit für viele ein Wegweiser zu Christus zu sein. Denn er vermag den Menschen zu erlösen und zu retten, der in Selbstsucht gefangen lebt und so weder den wahren Frieden, der dem Worte Gottes entströmt, noch die wahre Freude kennt.

Julia Verhaeghe

Das Credo des Werkes: das göttliche Recht

Dieser Text Verhaeghes ist so etwas wie das Credo des Werkes. Er bringt das Gottesbild Verhaeghes auf den Punkt: Gott ist alles, der Mensch ist nichts. Entgegen dem biblischen Zeugnis und der theologischen Tradition, die vom Mensch als Ebenbild Gottes spricht, in der Gott sich der Menschheit annimmt und Menschen immer wieder mit Gott hadern (worauf Gott durchaus wohlwollend eingeht und bisweilen sogar "seine Meinung ändert": vgl. Abraham, Hiob, Jona, die Kanaaniterin, der Schächer am Kreuz etc.) darf der Gott Verhaeghes von menschlichen Belangen und Wünschen nicht gestört werden, es würde ihn kränken, ja es wäre geradezu blasphemisch, von Gott etwas zu verlangen. 

Für Verhaeghe verläuft die Richtung einseitig von Gott zum Menschen: Gott darf alles von uns verlangen, und wer wären wir, ihm etwas entgegenzusetzen? Jedes Leid, jeder Verlust, kurz jedes Kreuz muss willig und gläubig angenommen werden. Dem Menschen bleibt nichts übrig als sich zu fügen. Tut er das nicht, handelt er ungläubig, zieht sich den göttlichen Zorn zu und verspielt sein ewiges Heil (es sei denn er "kehrt um" und nimmt sein Leid doch willig auf sich).

Zusätzliche Tragik gewinnt dieser Text dadurch, dass Verhaeghe in letzter Konsequenz sich selbst als Stellvertreterin Gottes gegenüber den Mitgliedern des Werkes sieht, so wie nach ihr die Leitung des Werkes. Das heißt, dass Mitglieder ohne sich argumentativ wehren zu können, jedes Leid, das ihnen von den Verantwortlichen angetan wird, jede Ungerechtigkeit, jeden Verzicht und die ganze Arbeitslast, die ihnen zugemutet werden, willig tragen müssen, wenn sie gläubig und Gott wohlgefällig leben wollen. Würden sie aufbegehren, müssten sie fürchten, sich gegen Gott zu stellen, ihre Berufung und ihr Heil aufs Spiel zu setzen. Für Außenseiter mag das abwegig klingen, Mitglieder des Werkes sind aber tatsächlich von diesem Denken geprägt und darin gefangen.


Das göttliche Recht darf im ‚Werk‘ nicht aufgrund menschlicher Bedenken negiert oder sogar in dem Sinn umgekehrt werden, dass der Mensch von Gott Rechte fordert, Rechte auch von der Kirche, seinem Mystischen Leib, und dies in einer Art und Weise, dass es einem Negieren und Verleugnen des göttlichen Rechtes auf die Geschöpfe gleichkommt. Darum müssen im ‚Werk‘ die Rechte Gottes auf uns in der Erfüllung unserer Pflichten als ein höchstes und heiliges Gesetz Gottes anerkannt werden. "Wenn einer mir nachfolgen will, so verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach" (Mt 16,24).
Julia Verhaeghe 

Die Berufenen des Werkes müssen...

In diesem Text formuliert Verhaeghe den Anspruch des Werkes. Die Mitglieder des Werkes betrachten sich damit ganz klar als eine geistliche Elite, die von Gott dazu berufen ist, die Kirche und die Welt, die sich in "der Finsternis eines um sich greifenden Heidentums" befindet, wieder zu einem gottgefälligen Leben zu führen.

Das Heidentum, das Verhaeghe bekämpfen will, besteht in einem "blinden, unbeherrschten Egoismus", den sie an anderer Stelle mit den Menschenrechten, mit dem Feminismus, mit Demokratie, Pluralismus, Wissenschaft, modernem Wohlstand und neuen (nicht religiös fundierten) ethischen Standards in Verbindung bringt, kurz mit dem komplexen Lebensstil der postmodernen Gesellschaft, der sich am Menschen und nicht mehr an Gott oder einer irgendwie gearteten übernatürlichen Ordnung orientiert. Ein Umstand, von dem Verhaeghe und ihre Anhänger sich zutiefst verunsichert zeigen, sodass sie sich dazu berufen fühlen, gegen diese Entwicklung anzugehen, um "alles in allem wieder auszurichten auf das Lob und die Ehre Gottes".


Jene, die ins ‚Werk‘ gerufen sind, müssen Menschen sein, in denen das lebendige Verhältnis zu Gott alles andere durchdringt, beseelt und ihm einen höheren Sinn gibt,

Menschen, die nach Jesu Vorbild durchglüht sind vom Verlangen nach dem Königreich Gottes,

Menschen, die durch ihr Leben Jesu Worte in der Welt lebendig werden lassen, die das ‚Licht der Welt‘, das ‚Salz der Erde‘ sind, der ‚Sauerteig, der alles durchwirkt‘,

Menschen, die inmitten der verwirrenden Vielfalt einer Welt, die sich von Gott abwendet, dazu einladen, aus der Finsternis eines um sich greifenden Heidentums herauszutreten, eines Heidentums, das die Menschheit mehr und mehr zum Sklaven ihres blinden, unbeherrschten Egoismus macht,

Menschen, die eine Einladung sind, indem sie den echten Glauben verwirklichen, der eins macht und Gottes Bild in seiner ursprünglichen Reinheit wieder erkennen lässt. Menschen, die einladend aufrufen durch ihren feurigen Einsatz für den Auftrag, der sie kraft ihrer Berufung zu diesem Dienst an der Einheit auffordert, alles in allem wieder auszurichten auf das Lob und die Ehre Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.


Julia Verhaeghe

Der vereinsamte Kern in der Kirche

Dieser kurze Text Verhaeghes offenbart den Anspruch, den das Werk an sich selbst hat. Es sieht sich in der Rolle einer Elite, die von Gott dazu erwählt ist, den "vereinsamten Kern" derjenigen zu sammeln, die noch treu am Gesetz Gottes festhalten, um die Kirche neu zu beleben.

Damit wird implizit gesagt, dass nur noch sehr wenige Menschen wirklich nach dem Willen Gottes leben, auch in der Kirche, dass die Kirche also nicht mehr lebendig ist, und dass es außer dem Werk niemanden mehr gibt, der diese Situation zum Guten wenden könnte. Das Werk lebt im Anspruch, diesen besonderen Auftrag von Gott empfangen zu haben: die letzten Getreuen aus der ganzen Welt zusammenzuführen, um eine neue Kirche zu schaffen. Dazu fühlt die Gemeinschaft sich von Gott gesandt und aus diesem Sendungsbewusstsein heraus, versucht sie auch Einfluss auf hohe kirchliche und weltliche Amtsträger zu bekommen.



Christi lebendige Gegenwart in seinem Mystischen Leib, der Kirche von heute,
erwartet von uns, den Berufenen im ‚Werk‘, 
dass wir uns überall in der Welt in seinem Namen einsetzen, 
um den vereinsamten Kern zu versammeln 
und den suchenden Berufenen eine Einladung zu sein, 
auf dass sein ‚Werk‘ neues und kraftvolles Leben für die Kirche hervorbringe 
als eine bleibende Frucht des Lebens, Leidens und Todes Christi, 
seiner Erlösung, die sich unaufhörlich in den Seinen erneuert.

Julia Verhaeghe

Der Leidensweg Jesu damals und heute


Dieser Text ist eine innerhalb des Werkes gut bekannte von Verhaeghe verfasste Betrachtung über das Leiden Jesu, in der sie darauf abzielt die moderne Gesellschaftsordnung als gottlos darzustellen. 
Nachdem sie zunächst festhält, dass Jesu Lebensstil Widerspruch in seiner Zeit erfuhr, und damit implizit sagt, dass nur diejenigen, die auch in unserer Zeit Widerspruch erfahren (wie sie und das Werk) authentische Nachfolger Jesu sind, bemüht sie sich verschiedene "Geisteshaltungen" auszumachen, die zur Verurteilung Jesu geführt haben und die heute wie in allen Zeiten existieren. Dazu gehören Hochmut, Eigenliebe, Selbstsucht etc. Untugenden, die für Verhaeghe eine große Rolle spielen, weil sie sich ihrer Meinung nach in der Kirche ausgebreitet haben, in der kaum noch jemand auf die Gesetze Gottes hören will, Untugenden, die sie darum den Mitgliedern ihrer Gemeinschaft mit Stumpf und Stiel aus dem Herzen reißen will. Zu den "Haltungen", die zur Verurteilung Jesu geführt haben, gehören aber auch menschliche Kooperation, (säkulares) staatliches Recht, öffentliche Meinung und demokratische Normen. 

In diesem Text sagt Verhaeghe sehr vieles indirekt, was sie direkt nur in Texten ausdrückt, die so streng unter Verschluss gehalten werden, dass man praktisch nicht an sie herankommt.



Die Lehre und der Lebensstil des Meisters hatten einen Inhalt, der vielen – vor allem jenen, die eine hohe Stellung innehatten – eine Anklage war; und dies wegen der Forderungen, die im Gegensatz zu ihrer Mentalität in ihrem Denken und Handeln standen. Das war das große Ärgernis, das die Gefangennahme und den Verlauf des Prozesses Jesu kennzeichnen sollte.

Verschiedene Tatsachen, Ausdrucks- und Handlungsweisen widerspiegeln den Geist, oder besser: die Geisteshaltung, in der der Prozess gegen den Herrn Jesus verlaufen sollte, der zu seinem Tod führte.

Hochmut, Eigenliebe, Selbstsucht, Eitelkeit und Oberflächlichkeit sind die Grundzüge und vorherrschenden Elemente, die menschliches Verständnis und den Sinn für Verantwortung im Menschen in allen Ständen und Gesellschaftsschichten verdunkeln und untergraben, sowohl zur Zeit Jesu als auch in unseren Tagen. Nur die Ausdrucksformen haben sich den Normen der Zeit angepasst, die Grundzüge und wesentlichen Haltungen sind dieselben geblieben: das Wuchern der Neigungen und Wurzeln der Erbsünde im Menschen, die ihn zum Gemeinen, zur Vernichtung und in den Tod treiben…

Dies trifft auch auf das Volk Gottes zu, das sich weigert, Gott, seine Lebensgesetze und seine Gebote anzuerkennen und Ihm zu dienen, denn auch dieses (abtrünnige) Volk will seine ichgerichtete Mentalität und seine sündigen Neigungen nicht ablegen.

Eine kleine Schar folgte ihm damals … und heute? Hat sich dieses Gottesvolk geändert? Ist diese kleine Herde in der Entwicklung im Laufe der Jahrhunderte größer geworden? Wie steht es mit jenen, die berufen sind, ihm auf dem Weg der Bekehrung und Versöhnung enger nachzufolgen, mit jenen, die auserwählt sind, mit ihm das lebensspendende Kreuz der Erlösung zu tragen und seinen Mystischen Leib, die Kirche, zu bilden?

Die Ereignisse in unseren Tagen und die Zeichen der Zeit geben uns eine überdeutliche Antwort …, sofern wir Ohren haben zu hören, Augen zu sehen, einen Mund um zu sprechen, Hände zum Handeln und Füße, um dem Meister auf dem Weg zu folgen, auf dem Er uns vorangegangen ist, damit wir im Glauben seine Gegenwart erkennen und bereit seien, ihm zu dienen.

Folgen wir nun der Gefangennahme unseres Herrn Jesus und dem Verlauf seines Prozesses:

Einer der Zwölf – einer seiner engsten Mitarbeiter – geht hin, um mit den Hohenpriestern und dem Hohen Rat zu verhandeln, um mit ihnen eine Übereinkunft zu treffen, wie er ihnen Jesus, seinen Meister, ausliefern könnte, … und sie freuten sich über das Angebot des Jüngers. Sie vereinbarten, ihm Geld zu geben, und sicherten Ihm ihre Unterstützung zu. Unter diesen Bedingungen schlossen sie gemeinsam ihren Kompromiss. Von da an waren beide Seiten eifrig am Werk: Der Jünger, der Mitarbeiter des Herrn, suchte die günstigste Gelegenheit, ihn so unauffällig wie möglich, ohne Volksauflauf, ihren Händen auszuliefern. Die andere Partei bemühte sich unterdessen darum, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Von diesem Zeitpunkt an sind alle Mittel gut und gerechtfertigt:

- Der Kuss, das Zeichen der Freundschaft, wird zum Zeichen des Verrates;

- Pilatus und Herodes, die zuvor miteinander verfeindet waren, söhnen sich aus;

- Die gesetzliche Autorität wird anerkannt; Kollegialität und Brüderlichkeit werden formell geübt;

- Gesetzliche Anschuldigungen und Anklagen werden vorgebracht: er wiegelt das Volk gegen das Gesetz auf; er erkennt die Autorität nicht an; Er lästert Gott!

- Als Folge der Beeinflussung der öffentlichen Meinung verlangt das Volk aufgrund der zahlreichen Anschuldigungen, die gegen Jesus vorgebracht worden sind, seine Verurteilung zum Tode.

- Nach demokratischen Normen stellt die gesetzliche Autorität das Volk vor die Wahl zwischen Jesus und Barabbas, einem bekannten Verbrecher.

- Obwohl das Verhör die Unschuld Jesu herausstellt, wir die Strafe der Geißelung über ihn verhängt.

- Pilatus, der Richter, der von seiner Frau noch gewarnt wird, bestätigt siebenmal, dass er keine Schuld an Jesus finde; doch Verleumdung, Kritik, falsche Beschuldigungen, üble Nachrede, Verdächtigungen, usw. …kurz: die Sünde … haben ihr Werk vollbracht. Pilatus und das Volk sind im Netz der Interpretationen und Manipulationen derer gefangen, die sich im Interesse am Tod Jesu verbündet haben. Mit Wahrheit, Gerechtigkeit und Liebe zum Mitmenschen ist es bei den Anführern vorbei. Aufgehetzt durch ihre Verblendung und ihren Hass, vollziehen die Richter und das Volk den Gottesmord.

Sie ließen das Grab Jesu versiegeln und bewachen. Nach der erwiesenen Auferstehung des Herrn bestachen sie die Wächter erneut, damit diese ein falsches Zeugnis ablegten. Ohne eine Mahnung oder einen Tadel befürchten zu müssen, konnten sie berichten, was sie gesehen hatten, während sie schliefen. Ja, sie konnten sagen, sie hätten ihren Auftrag gemeinsam so gut erfüllt, dass sie gerade dann alle zusammen schliefen, als die Jünger kamen, den Leichnam zu stehlen.

Für alle Komplizen im Prozess Jesu

- Bedurfte es keiner Berichtigung;

- Gab es kein Gesetz, nach dem sie ihre Tat zu verantworten hatten;

- Gab es keine Verurteilung offenkundiger Fehlhandlungen von seiten der beteiligten Parteien, von Fehlhandlungen, die offensichtliche keine solchen waren, sondern vielmehr ein langsames Anwachsen der Sünde und Untreue bei Judas, das sich mit der sündhaften Mentalität der Gesetzgeber und Autoritätsträger des Volkes verband.

Dieses Zusammenwirken bot den Beteiligten, die sich innerlich gestört fühlten, die günstige Gelegenheit, in einem Kompromiss ihrer Unzufriedenheit und ihren selbstsüchtigen Berechnungen Raum zu geben und so gemeinsam ihre sündhaften Motive durch Manipulation und Interpretation auf ihre Umgebung und auf Außenstehende zu übertragen. Diese ließen ihrerseits ihre sündigen und ungeordneten Begierden nach Haben und Sein zusammenströmen im Dienste des Teufels, der den Gottesmord plante.

Nachdem wir in dieser Fastenzeit das Leiden und die Hingabe des Herrn mit größerer Sammlung betrachtet und sie im Geiste wahrer Buße und Sühne in unser Leben aufgenommen haben, wurde uns der tiefe Sinn und hohe Wert des Leidens klarer bewusst; wir haben tiefer eingesehen, wie ernst wir die Selbstverleugnung nehmen müssen, die der Herr von seinen Jüngern und von allen, die ihm nachfolgen wollen, verlangt als eine absolute Bedingung, um ihm näherkommen zu können durch das Licht der Gnade, das sein Leben für uns und alle Menschen in seiner barmherzigen Liebe in sich birgt. Als das Wort des Vaters und als Ausdruck ihrer gegenseitigen Liebe im Heiligen Geist brachte er uns diese barmherzige Liebe als Mittel der Heiligung und des Heiles.

Im Lichte unserer Berufung haben wir in diesen Tagen klarer erkannt, was die ‚drei Pfeiler‘ als Wegweiser zu bedeuten haben, damit wir zu dieser Bekehrung und Fügsamkeit gelangen, die uns fähig machen, dem Herrn zu folgen und seinen Belangen in aufrichtiger und von Herzen kommender Liebe zu dienen, die nichts für sich selbst zurückbehält oder erstrebt, sondern durch Einsatz und wachsames Gebet für viele den Weg bahnen und den Suchenden ein Licht sein will.

Wir sind uns im Klaren darüber, wie viele Irrlichter uns umgeben, wie viele verlockende Einladungen der Welt uns auf Wege des Erfolges führen wollen, wie viele Gefahren uns von allen Seiten umringen und uns heimtückische Kompromisse anbieten, die durch Interpretationen und Manipulationen uns geschickt scheinbar Gutes und Scheintugend vorspiegeln und dem Verrat am Heiligen großzügige Unterstützung versprechen.

Das Gebet, die praktische Übung der Wachsamkeit und Abtötung, die wir uns in dieser Fastenzeit mit größerem Eifer auferlegt haben, gewährten uns eine tiefere Einsicht in das Wesen der Sünde und in ihre Folgen.

Wir sahen sie vom Leiden des Herrn her, von seinem Prozess, seiner Gefangennahme und seiner Verurteilung zum Tode – und auch von den konkreten Situationen her, mit denen wir täglich konfrontiert sind und die uns die Zeichen der Zeit widerspiegeln.

Alle diese Erfahrungen sollen unser Herz öffnen, damit wir

- Unser ‚Heiliges Bündnis‘ besser und treuer im Leben verwirklichen;

- Zeugnis geben von der Osterfreude in der Kraft der Gnaden, die wir in solch überfließendem Maße empfangen durften.

Es sei uns eine heilige Pflicht, diese Freude über unsere Auferstehung im Herrn Jesus, unserem Erlöser und Heiland, wie Sonnenlicht auszustrahlen, damit er von den Menschen besser erkannt und mehr geliebt werde und damit in unserer Welt und unter unseren Zeitgenossen weniger Leid und Dunkelheit herrsche.



Julia Verhaeghe in der Passionswoche 1975

Der Quälteufel

Dieser Text ist streng geheim und wird nur einzelnen Mitgliedern unter bestimmten Umständen leihweise übergeben. Meist geschieht das, um Mitglieder, die ins Räsonieren gekommen sind, also dazu neigen, ihrem eigenen Verstand zu vertrauen und damit Anordnungen der Leitung oder Prinzipien des Werkes in Frage zu stellen, wieder "auf Spur" zu bringen. Sehr wahrscheinlich hat Verhaeghe diesen Text auch aus einer solchen Situation heraus geschrieben. Er soll solchen Mitgliedern klar machen, dass ihr Bedürfnis, die Dinge zu überdenken und in Frage zu stellen eine Versuchung des Teufels ist, der sie damit nur unnötig quält. Sie sollten sich also nicht versuchen lassen, sondern lieber vertrauensvoll und ohne zu fragen der Führung des Werkes überlassen, und nicht mehr darüber nachdenken, denn unser menschlicher Verstand ist viel zu klein, um sich anmaßen zu können, die Anordnungen Gottes zu begreifen...

Damit gesteht Verhaeghe - wie das im Übrigen für Das Werk typisch ist - dem Teufel eine Machtfülle zu, die er nach traditioneller Lehre der katholischen Kirche (ganz zu schweigen von entsprechenden Forschungen renommierter Exegeten und Dogmatiker der Gegenwart), gar nicht hat. Um es zugespitzt zu sagen: Sie benutzt den "Teufel", um ihre Mitglieder zu manipulieren.


Der Teufel weiß, dass jeder von uns sehr schwach ist wegen diesem zu menschlichen Denken, dem zu hochmütigen Streben, dem zu relativen und ich-gerichteten Urteilen und Fühlen, vor allem wenn es um uns selbst geht. Er kennt in jedem von uns die Bereiche, in denen wir besonders sensibel für die vorhandene oder fehlende Perfektion nach eigenen Maßstäben sind. Er weiß um unsere Schwierigkeit, Fehler und Mängel anzunehmen und zu bekennen. Er kennt die Erziehung, den Charakter und das Temperament von jedem. Er weiß, dass wir in Extremen denken, er kennt unseren Individualismus und unsere Schwierigkeit, die Komplementarität zu leben und einander in der Vervollkommnung unserer verwundeten Natur nach den Weisungen des Wortes Gottes zu ergänzen.

Er kennt auch unser ehrliches Streben in der Gnade und unsere Glaubenshaltung und weiß, dass er nicht überall dazwischenkommen kann. Er kennt die Kraft unseres Heiligen Bündnisses, unsere Einheit und unsere Sühne. Doch er hört nicht auf, zu suchen, wo für ihn eine Tür oder ein Spalt offen steht und wo er durch die eine oder andere Schwachheit mit seinen Quälereien eindringen kann.

Wenn wir mit gläubiger Haltung, mit Gottvertrauen, in Selbstverleugnung und Demut mit unseren Grenzen und Fehlern umgehen, dann behält das Licht Gottes die Oberhand, und der Quälteufel hat keine Macht und keinen Zugang. Durch Anbetung, Standfestigkeit und die Treue zu den drei Pfeilern können wir über die Schlucht der Schwachheit, des analytischen Denkens, des Missverständnisses und des Missgeschickes, der Versuchung und Bedrängnis springen und dem Teufel, seinen Einflüsterungen und seiner Saat die Tür schließen.

Wenn wir nur mit einem geschwächten Glauben, mit Räsonieren und mit der Analyse des natürlichen Verstandes mit unseren Grenzen und Fehlern umgehen, dann findet der Quälteufel den gewünschten Boden an und kann seine Quälereien aussäen. Er beeinflusst weiterhin unsere Gedanken und entstellt, verschlimmert oder verharmlost Situationen. Seine Lügen und Halbwahrheiten und die bittere Kenntnis des eifersüchtigen Engels des Lichtes fügt er unseren relativen Wahrheiten hinzu. Mit seinem Scheinwerfer wirft er ein anderes Licht auf die Wirklichkeit.

Der Quälteufel hat ein großes Archiv von aufbewahrten Ereignissen und Vorfällen. Er bewahrt sie auf bis zur Stunde der Versuchung, in der er seine Archive öffnet und Beweise liefert. Er ist Geist, und vermischt das, was in seinem Geist ist, mit dem, was in unserem Geist ist. So schafft er ein scheinbar wahrheitsgetreues Bild von der Wirklichkeit, um den Menschen in relativen Wahrheiten zu fesseln.

Julia Verhaeghe, Auszug aus „Quälteufel 1994“ – Kap. II.